: Exkursion ins Treibhaus Bonn
Protesttag von Betriebs- und PersonalrätInnen aus den FNL in Bonn/ Minister unterstützen die Initiative ■ Von Stefan Lutz
„Es muß Schluß sein mit dem radikalen Kahlschlag in der Industrie und mit den Massenentlassungen. Wir wollen eine andere Politik, und deswegen sind wir hier.“ So eröffnete der Rostocker Betriebsrat Eberhard Wagner, ein Sprecher der Initiative der ArbeitnehmerInnen, den Protesttag am Mittwoch in Bonn. Danach diskutierten die zirka 300 Betriebs- und PersonalrätInnen aus über 100 Betrieben der ehemaligen DDR in mehreren Veranstaltungen mit Politikern im Regierungsviertel. Gesprächspartner waren Bundeskanzler Helmut Kohl, Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann und die Fraktionen von Bündnis 90/Grüne, FDP, SPD und CDU/CSU. Hauptforderungen des lockeren Zusammenschlusses von ArbeitnehmervertreterInnen sind ein sofortiger Entlassungsstopp und Mitbestimmung bei den Privatisierungsverhandlungen der Treuhandanstalt (THA).
Beim Bundeskanzler war nur eine kleine Delegation zugelassen. Wolfgang Kibbel, Betriebsrat aus Ost- Berlin, bewertet das Gespräch insgesamt als Erfolg, „weil wir mal persönlich den Bundeskanzler informieren konnten“. Das Ziel sei aber nicht erreicht worden, „weil eindeutige Signale, wie die Situation verbessert werden soll, vom Bundeskanzler nicht zu vernehmen waren“. Ein weiteres Gespräch im November soll folgen.
„Konkretes gibt es von Herrn Möllemann“, so Ingrid Häusler, Betriebsrätin aus Buna. „Er will sich dafür einsetzen“, so erzählt sie, „daß die Treuhand die Betriebsräte in die Verkaufsverhandlungen miteinbezieht. Das Treffen mit der CDU/ CSU sei dagegen sehr unkonkret gewesen. „Das einzig Praktische“, so meint sie, „war das Angebot von Herrn Krause. Der will uns allen in sechs Wochen in Berlin Rechenschaft darüber ablegen, was von dem neuen Zwölf-Punkte-Programm, das von den Ost-Abgeordneten der CDU aus den neuen Bundesländern vorgelegt wurde, umgesetzt werden konnte. In diesem Programm wird unter anderem die Sicherung industrieller Standorte, zum Beispiel eigenständiger ostdeutscher Bau- und Chemieunternehmen, gefordert.
Bei gemeinsamen Beratungen mit der SPD-Fraktion traten die Sozialdemokraten für Industrie-Holdings und den weiteren Ausbau von Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften ein. Peter Wand, Betriebsrat aus Magdeburg, schlug viel praktischere Lösungen vor: Temporäre Umsatzvergütungen, Bestandsgarantien für sanierungswürdige Betriebe, ABM-Verlängerung sowie die Wiedereinführung des Solidaritätsbeitrages. Das Gespräch mit Bündnis 90/Grüne sei ehrlich, aber frustrierend gewesen, so ein Gesprächsteilnehmer, weil die halt nichts bewegen könnten.
Völlig überrascht waren die InitiatorInnen und TeilnehmerInnen der Protestaktion am Mittwoch vormittag, als sie die Distanzierung der IG Metall von der Aktion aus der Presse erfahren hatten. Zum einen deshalb, weil nach Aussagen der Initiatoren in Vorgesprächen mit der IG Metall Unterstützung zugesichert worden war. Zum anderen begrüßten die Verwaltungsstelle in Berlin und einzelne DGB-Kreise den Protesttag ausdrücklich. Umsonst, denn gegenüber der taz erklärte der Pressesprecher der IG Metall in Frankfurt, Jörg Barczynski, daß keine zusätzlichen Interessenvertretungen außerhalb der gewerkschaftlichen Gremien notwendig sind, und deshalb werde auch in Zukunft die Initiative nicht unterstützt.
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