Kampfansage an Traute Müller

■ Kleingärtner attackieren Steb-Chefin / Dahinter steht die Koalition der Müller-Gegner

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Dahinter steht die Koalition der Müller-Gegner

Die neue Attacke gegen Traute Müller führen die Kleingärtner, aber hinter den Laubenpiepern stehen die Gegner der Stadtentwicklungssenatorin in der eigenen Partei und im Senat. In einem gestern vom SPD-Bürgerschaftsabgeordneten und Hamburger Kleingarten- Verbandsboß Ingo Kleist unterschriebenen Offenen Brief an Müller heißt es wörtlich: „Die Steb hat den Kleingärtnern den Kampf angesagt. Wir nehmen den Kampf auf, den Kampf um jede Parzelle.“

Was sich anhört, wie der Krieg der Gartenzwerge, basiert auf handfesten Interessenkonflikten. Oberflächlich: zwischen Stadtplanern, die auf der Suche nach neuen Flächen für den Wohnungsbau sind, und Kleingärtnern, die um ihre Parzellen bangen; tiefer: zwischen den „fortschrittlicheren“ Teilen der SPD, die für eine transparentere Stadtpolitik eintreten, und den „konservativeren“ Teilen, deren Verständnis für „Runde Tische“ und neue Politikformen gegen Null tendiert. Und natürlich geht es auch um Machterhalt, Seilschaften und persönliche Animositäten.

Den Anstoß für die neueste Ant-Müller Kampagne lieferte gestern eine Lapalie, gepaart mit einem willkommenen Mißverständnis. Im rosa-rot gemusterten Reisebus bricht Traute Müller samt leitender Steb-Mitarbeiter und Bezirkspolitikern und -dezernenten zu einer Tour durch den Bezirk Mitte auf. Im Visier der Reisegruppe unter anderem: Mögliche Flächen für den Wohnungsneubau.

Die Route führt auch durch das Kleingartengebiet auf der Bille-Insel. Die Laubenpieper wittern Gefahr, organisieren eine Demonstration auf der Schurzallee-Mitte, 1500 Kleingärtner warten dort auf den Steb-Bus. Und auf die Senatorin, der sie die oben zitierte Kampfansage persönlich in die Hand drücken wollen. Aber: Bus und Demo treffen nicht aufeinander.

Müller drückt sich, wettert am Nachmittag Kleingarten-Chef Kleist, die Busroute sei wegen der Demo verlegt worden. Quatsch, entgegnet die Steb. Und hat recht. Müller und die anderen Busreisenden spähen in der Tat vergeblich nach der Demo, einige Steb-Mitarbeiter sind sogar enttäuscht ob der entgangenen Auflockerung des ansonsten recht drögen Ausflugs.

Kleist nutzt die Episode auf der Bille-Insel zur zweiten Attacke. Müller, „die nur im sicheren Bus

1die Bereisung eines Bezirks wagt“, solle sich schon mal Gedanken um ihre Zukunft machen. Und mit der Ansicht steht Kleist nicht allein.

Im Senat lächelt nicht nur Eugen Wagner über die Versuche der Steb, endlich Fuß zu fassen. Auch Umweltsenator Fritz Vahrenholt läßt nur wenige Gelegenheiten aus, der Kollegin ein Bein zu stellen, weiß sich dabei im Verbund mit Fraktionschef Elste. Und auch der Erste Bürgermeister ist nicht zimperlich: Zunächst entzog er der Steb die Zuständigkeit für die Verkehrsplanung, vor zwei Wochen dann beauftragte er eine Staatsräte- Gruppe mit der Erarbeitung von

1Stadtentwicklungsperspektiven. Nicht gerade Vertrauensbeweise für Traute Müller.

Sollte die Gartenzwerg-Attacke nicht reichen, der nächste Stolperstein für Traute Müller ist bereits in Sicht. Er liegt in Rothenburgsort, auf der Halbinsel „Kaltehofe“. Ein wunderschönes Stück Natur, im Besitz der Hamburger Wasserwerke (Aufsichtsratchef Fritz Vahrenholt).

Die Steb möchte das Naturreservat erhalten, für Naherholung nutzbar machen. Ganz anders die Anti-Steb-Koalition. Eugen Wagners Heimatbezirk Mitte möchte hier richtig klotzen. 1500 Wohnun-

1 rund 3000 Büros sollen her. Und dies obwohl die Bauplanungsabteilung schon abriet, als sie noch unter Wagners Fittiche stand. Das Gelände in der Nähe der Norddeutschen Affinerie sei vermutlich stark verseucht, die Erschließungskosten für die Stadt zu teuer. Wagner war's egal, er sagte Bezirks- und Ortspolitikern nach deren Angaben die Neubauten zu. Und auch Umweltsenator Vahrenholt soll sich für den Wohn-Büro-Komplex stark machen. Er freut sich auf hohe Einnahmen für seine Wasserwerke und wohl auch auf einen neuen Streit mit Traute Müller. Uli Exner