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Von der Openauk zur Euro-Knolle

■ Freilichtmuseum Cloppenburg zeigt den Siegeszug der Kartoffel

An den weltweiten Siegeszug der Kartoffel erinnert seit dem ersten Septemberwochenende das Niedersächsische Freilichtmuseum Cloppenburg in einer Ausstellung. Über geschichtliche Fakten und Legenden erfährt der Besucher ebensoviel wie über die Entwicklung rationeller Erntemaschinen und das Geschäft mit der sogenannten veredelten Knolle zwischen „Pommes“ und Puffer.

Openauk, Okeepenauk oder Kaishupenauk nannten vor rund 400 Jahren die ersten europäischen Berichterstatter die „Wurzel in der Größe von Hühnereiern“ oder mit den Abmessungen einer Walnuß. In Südamerika wurde die nahrhafte Pflanze von europäischen Seefahrern und Spezialisten im Auftrag ihrer Majestäten entdeckt, beschrieben und schließlich in die Heimat gebracht. Als gewinnverheißendes, vermehrbares Grundnahrungsmittel in Zeiten von Getreideknappheit. Spanien war die erste Küste, über die die indianische Knolle rollte. Nordamerika kam auf dem Umweg über Europa in den Genuß der Kartoffel, berichten die Geschichtsschreiber.

Die meisten Kartoffeln essen nach den europäischen Statistiken derzeit die Iren mit 142 Kilogramm je Magen und Jahr. Sie hatten in der Geschichte auch die größten Probleme mit der Frucht. Eine epidemische Kartoffelkrankheit hatte die Iren von 1845 an ihrer wesentlichen Nahrungsgrundlage beraubt. Die damals chemisch und biologisch nicht beherrschbare Kartoffelkatastrophe brachte Hunger, Tod und eine Welle irischer Hunger-Asylanten weltweit. Sie ist als Auswanderungswelle, vor allem in die USA, in den Geschichtsbüchern notiert.

Die Spanier standen den frem

den Erdäpfeln zunächst skeptisch gegenüber. Die benachbarten Portugiesen weniger. Die Franzosen führten sie vorurteilsfreier ein, berichten die Kartoffel-Historiker. Friedrich II. sorgte in deutschen Landen für den systematischen Anbau der Erdfrucht als Ersatz und Ergänzung des traditionellen Getreides. Besonders karge Böden erwiesen sich als fruchtbare Basis für das spätere Volksnahrungsmittel.

Die Bauern interessierte weniger die biologischen Verwandtschaftsgrade der Knolle oder ihre Verwertbarkeit. Die Bezeichnung „Solanum tuberosum L.“ war für die meisten von ihnen ebenso ein böhmisches Dorf wie die Familienzugehörigkeit zu Tomaten, Auberginen, Paprika und Tabak. Daß auch medizinisch nutzbare Nachtschattengewächse wie Tollkirsche, Bilsenkraut und Alraunwurzel mit der Kartoffel

hier bitte

die Kartoffelfrau

verwandt sind, war nicht so wichtig.

Auch Legenden überliefern, daß sich Bauern eher mit der Frage befassen mußten, wie sie die Knolle in die Erde bekommen, wie sie sie pflegen und wie sie sie wieder aus der Erde herausbekommen. Preußische Beamte versuchten ihnen ebenso zu helfen wie Ingenieure, die Erntemaschinen konstruierten.

Eher den Legenden ordnen die Historiker eine erste Pleite mit der „pommes de terre“ unter Friedrich II. zu. Zahlreiche Bauern hätten zunächst die Früchte am oberirdischen Kraut geerntet. Die Wurzelknollen hätten sie dort gelassen, wo sie aus ihrer Erfahrung mit anderen Pflanzen hingehörten und bleiben sollten. Die wenig schmackhafte bis ungenießbare Nachtschattenfrucht war ihnen ein Greuel. Die Lust am Anbau im Jahr darauf kehrte erst

nach einer gründlichen Beratung über die Knolle halbwegs wieder.

Der Menge nach größter Kartoffelanbauer war 1990 den Statistiken zufolge die Sowjetunion mit mehr als 76 Millionen Tonnen. Es folgten in der Pommes- Hit-Parade Polen, die Volksrepublik China und die USA. Ob länglich, oval, oder gebogen. Ob weiß, gelb, hellrosa, rot oder blau: die Erdfrucht hat weltweit gesiegt, kann sich der Betrachter in Cloppenburg überzeugen.

Bedeutsam erschien Museumsdirektor Helmut Ottenjann und dem Niedersächsischen Landwirtschaftsminister Karl- Heinz Funke die Kartoffel bei der Ausstellungseröffnung unter verschiedenen Aspekten. Ottenjann fragte sich, warum die deutschen Schnapshersteller die Kartoffel bisher immer mißachtet hätten. Kein Sprit sei reiner als der aus den Erdknollen.

Funke freute sich als hauptamtlicher Pfadfinder und politischer Puffer im europaweiten Verordnungsdschungel öffentlich, daß die Knolle (noch) nicht zu den EG-verwalteten „Marktordnungsfrüchten“ zähle.

Manfred Protze, dpa

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