: Lust auf Bildung
■ Wenn wißbegierige Erwachsene harte Schulbänke drücken
LUST AUFB I L D U N G Wenn wißbegierige Erwachsene
harte Schulbänke drücken
Gudrun Carl, 33, freie Dozentin:
Ich gebe seit vier Jahren Deutschkurse an der Volkshochschule. Aufgrund der Flüchtlingssituation sind die Kurse sehr gefragt. Einen kleinen Einbruch hat es durch die Gebührenerhöhung gegeben, aber es ist trotzdem noch weitaus billiger als bei den privaten Anbietern. Gerade im Vergleich zu den Privatschulen würde ich es strikt abwehren, daß die Kurse der Volkshochschulen unter deren Niveau sind. Im Bereich Deutsch als Fremdsprache sind wir sogar besser. Manchmal fehlt es aufgrund der Sparmaßnahmen an Lehrmitteln. Dann ist als freie Dozentin Eigeninitiative gefragt, und ich muß viel selbst organisieren.
Ich selbst bin noch nie in einer Volkshochschule gewesen. Meine Hobbies liegen eher im sportlichen Bereich. Den Begriff Volkshochschule habe ich natürlich schon mal gehört. Ich weiß aber ehrlich gesagt gar nicht, was es da für Möglichkeiten gibt.
Ich stelle mir vor, daß es eine gute Einrichtung gerade für ältere Menschen ist, die in jungen Jahren vielleicht etwas versäumt habe. Es ist doch wichtig, daß man da den einen oder anderen Abschluß nachmachen kann. Das muß nicht heißen, daß die Volkshochschulen deswegen bieder und altbacken sind. Und Bildung kann ja nicht schaden.
Ich wollte gerne etwas für mich tun und Sprachen lernen, die in der Schule nicht angeboten werden. Ungarisch zum Beispiel konnte ich nur in der Volkshochschule lernen. Und ich habe dort auch meine Kenntnisse in Russisch und Englisch aufgefrischt. Das Tempo, mit dem an den Volkshochschulen Pankow und Mitte gelernt wurde, fand ich immer zufriedenstellend. Man wurde ja entsprechend den eigenen Kenntnissen eingestuft. Spannend fand ich immer, daß man mit unterschiedlichen Leute, auch aus anderen Altersschichten, zusammenkam. Das war interessanter und ein besseres Lernen als in der Schule.
Ich wäre dieses Semester gerne in den Fotografiekurs der Volkshochschule Kreuzberg gegangen. Aber ich habe keinen Platz mehr bekommen. Volkshochschulen an sich haben ja einen muffigen Ruf, aber das Fotografieren hat mich eines Besseren belehrt. Das Niveau hätte sich mit semi-professionellen Ansprüchen messen können. Auf Anhieb könnte ich keinen Ort nennen, wo man in Berlin so eine Arbeit machen kann, besonders was Preis und Zeit angeht. In Sprachkursen herrschte zwar eine gute Stimmung, aber die Effizienz war gering. Umfrage: Ralf Knüfer
Fotos: Norbert Michalke/Octopus
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