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Staatsanwälte gegen den Rechtsstaat?

■ Anwalt Horst Mahler kritisiert Ermittlungsmethoden gegen organisierte Kriminalität/ »Unterweltgröße« Klaus Speer angeblich illegal observiert

Charlottenburg. Die Ermittlungsmethoden der Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität sind eine Gefahr für den Rechtsstaat. Diesen Vorwurf hat gestern der ehemalige APO-Anwalt Horst Mahler erhoben. Gegen dessen Mandanten hatte die Staatsanwaltschaft diese Woche Anklage wegen mehrfachen Betrugs und Erpressung erhoben. Der mutmaßlich in der Berliner Unterwelt agierende Makler und Box- Promotor Klaus Speer (47) ist für die Ankläger »der Kopf einer gut organisierten Bande, die über internationale Kontakte zu anderen verbrecherischen Organisationen verfügen soll.«

Horst Mahler warf dagegen Polizei und Staatsanwaltschaft vor, »außergewöhnlich schwer gegen Grundlagen des Rechtsstaates zu verstoßen.« Die Kriminalpolizei habe eine »vollkommen abgeschottete« Arbeitsgruppe eingerichtet, die ungesetzliche Methoden angewandt habe. Dazu habe eine Art »illegaler Kronzeugenregelung« gehört; es habe »Deals« mit Zeugen der Anklage gegeben. Nach seinen eigenen Worten ging Horst Mahler den »ungewöhnlichen Schritt an die Öffentlichkeit«, weil er für den anstehenden Prozeß »sensibilisieren« wolle. Vor zwei Wochen hatte der für »Organisierte Kriminalität« zuständige Oberstaatsanwalt Hans Jürgen Fätkinhäuer in einem Zeitungsinterview die Meinung vertreten, die Mafia habe Berlin fest im Griff.

Der Prozeß gegen Speer und insgesamt sechs weitere Beschuldigte wird vermutlich noch in diesem Jahr vor der Großen Strafkammer des Berliner Landgerichts stattfinden. Speer war am 16. Juni diesen Jahres verhaftet worden, ein inzwischen vorgelegtes Begehren auf Haftverschonung hat die Kammer abgelehnt. Klaus Speer gilt gemeinhin als »Unterweltgröße«. Speer tritt nach Angaben Mahlers unter anderem als privater Darlehensgeber von sechsstelligen Summen auf. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dafür Wucherzinsen zu nehmen und diese mit Gewalt einzutreiben.

Mahler monierte, daß Staatsanwaltschaft und Polizei aus dem Verfahren gegen Speer einen Musterfall für den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität machen wollten. In der 526 Seiten dicken Anklageschrift werde eine Blutspur aus »abgerissenen Ohren und Knieschüssen« ausgelegt, »aber es gibt keinen, der ohne Ohr herumläuft«, so Mahler wörtlich.

Im Verlauf der Pressekonferenz im »Haus der Kirche« beschuldigte ein Rundfunkjournalist des SFB die Staatsanwaltschaft, sie lüge und verstoße »objektiv gegen die Pressefreiheit«. Seine Recherchen, so der SFB- Redakteur Rainer Ott, seien vom Staatsanwalt als »Ausspähversuch« gewertet worden. Ott sagte, »von den 526 Seiten Anklageschrift sind 517 heiße Luft«. Die Staatsanwaltschaft sei total erfolglos, daher müsse Klaus Speer jetzt bluten.

Zu der Pressekonferenz im Charlottenburger »Haus der Kirche« hatte der 79jährige Pastor in Ruhe, Peter Wohlbrandt, eingeladen. Er schilderte Speer als einen Menschen, der sein Vertrauen gewonnen habe. Pastor Wohlbrandt forderte, daß der Prozeß gegen Speer schnell eröffnet werden solle. cif

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