MIT PLÖTZLICHER ARMUT AUF DU UND DU
: Maxwell beantragt Stütze

Die Pensionäre des „Daily Mirror“ gehen leer aus  ■ Aus London Ralf Sotscheck

Armut ist keine Schande. Das sagte sich auch Kevin Maxwell. Der 33jährige Sohn des verstorbenen Milliardenschwindlers und Zeitungsbarons Robert Maxwell beantragte am Donnerstag in seiner Heimatstadt Oxford Arbeitslosenhilfe. Das Mitleid der Beamten hielt sich freilich in Grenzen: Maxwell fuhr in seinem silbergrauen Mercedes vor. „Natürlich will er gerne Arbeit finden“, sagte seine Frau Pandora, „aber wer würde ihn schon einstellen?“ Der englische Independent entdeckte jedoch an der Pinnwand des Arbeitsamts ein Stellenangebot, das wie maßgeschneidert scheint: „Auf Finanzierungsfragen spezialisierte Werbeagentur sucht Handelsvertreter auf Kommissionsbasis. Zu den Aufgaben gehört die Beratung in Geld- und Pensionsangelegenheiten.“

Falls Kevin Maxwell seine Beiträge pünktlich entrichtet hat, wird er 43,10 Pfund Stütze pro Woche erhalten. Das ist mehr, als die Pensionäre des Daily Mirror bekommen. Die gehen nämlich leer aus, nachdem Vater Robert die Pensionskassen jahrelang geplündert hatte, um sein bankrottes Imperium über Wasser zu halten. Erbe Kevin ist Großbritanniens größter Bankrotteur: Das Londoner Konkursgericht eröffnete in der vergangenen Woche das Verfahren gegen ihn, nachdem er die im Juli gerichtlich festgelegten 406,5 Millionen Pfund nicht an die Pensionskasse zurückzahlen konnte.

Kevin Maxwell, der wegen Betrugs angeklagt ist, darf ab sofort weder ein Unternehmen leiten noch Kredite von mehr als 250 Pfund aufnehmen. Ob die Konkursverwalter Zugriff auf sein Privatvermögen — und den silbergrauen Mercedes — haben, müssen die Gerichte feststellen. Zur Not kann er vermutlich vom Vermögen seiner Ehefrau leben, der er Haus und Hof überschrieben hat.

Für die Mirror-Pensionäre sieht die Zukunft dagegen düster aus. Die Regierung will keineswegs einspringen, um die Betrügereien des Maxwell-Clans auszubügeln. Die Pensionäre haben Klage gegen die Investmentfirma Invesco eingereicht, die für den Pensionsfonds Aktien verwaltete. Die Pensionäre behaupten, die Firma habe gewußt, daß Maxwell diese Aktien rechtswidrig als Sicherheiten für neue Kredite hinterlegt hatte. Vorgestern wurde diese Behauptung erhärtet, als Unbekannte den Mitschnitt eines Telefongesprächs zwischen dem Invesco-Angestellten Tim Daily und einem Kollegen in London an die Presse lancierten. In diesem Gespräch, das ein Jahr vor Robert Maxwells Tod geführt wurde, äußerte Daily große Besorgnis über den Transfer der Aktien, die der Pensionskasse gehörten. Ihr Geld freilich haben die Pensionäre durch diese Enthüllung noch lange nicht wieder.