: Truppen zum Schutz von Leben und Menschenrecht
■ Diskussions-Veranstaltung über die „Alternativen der Friedensbewegung in Jugoslawien“ am Dienstag
Am kommenden Dienstag wird es in Bremen im Konsul-Hackfeld-Haus eine Debatte über die Grenzen des Pazifismus in Jugoslawien geben: Mit dem SPD- Landesvorsitzenden Isola streitet der grüne Bundesvorstand Helmut Lippelt (Hannover), der jüngst nach einem Bosnien-Besuch ein begrenztes Militär-Engagement zum Schutze der humanitären Überlebens-Hilfen forderte.
Einen Militäreinsatz in Europa zu verlangen — ist das für jemanden, der jahrelang sich zur Friedensbewegung zählte, nicht ein beunruhigende neue Rolle?
Helmut Lippelt: Ja, insbesondere wenn es so platt vereinfacht wird. Claudia Roth und ich haben angesichts des Vorgehens der jugoslawischen Armee und der serbischen militärischen Banden, die in Bosnien riesige Bevölkerungsteile einfach einschließen und verhungern lassen, angesichts der Unmöglichkeit, zu diesen Menschen Lebensmitteltransporte hindurchzubringen, gesagt: Wenn diese Transporte militärisch geschützt werden, haben wir keine Einwände. Das war der konkrete Sicherheitsratsbeschluß. Es wird jetzt deutlich, daß es an die hundert Lager gibt — wir haben und sehr gehütet, sie mit KZ's zu vergleichen— aber da heißt Hungern auch Umbringen. Da wird Bevölkerung ausgerottet. Solche Lager müssen befreit werden. Die militärischen Planspielereien widerstreben uns. Es müssen aber zum Beispiel gesicherte Korridore hergestellt werden, um Menschen herauszuholen.
Welchen Anlaß gibt es jetzt, mit dem Thema in einem Podiumsstreit mit der SPD zu gehen?
Unsere Vision, die wir 1989 hatten, nämlich Mitteleuropa von den Militärblöcken zu befreien, bleibt. Das Komplizierte ist, daß man gleichzeitig sagen muß: Es gibt in Welt grausame Gewalt, es gibt Vorgehensweisen, die faschistische Elemente haben, und dagegen muß eine gesicherte Instanz, z.B. eine demokratisierte Uno, Ordnungsfunktionen übernehmen. Das Problem der SPD ist, daß die aus ihren früheren Vorstellungen, das Vaterland verteidigen zu müssen, immer nichts anderes macht als die jetzige Bundeswehr zu weltweiten Einsätzen zu legitimieren. Das wollen wir nicht, wenn ich über die Notwendigkeit rede, angesichts der serbischen Gewalt Gegengewalt aufzubauen.
In den USA wird überlegt, die Luftkontrolle über Bosnien zu übernehmen. Ist das sinnvoll?
Das sind Nothilfen, die sich im Nordirak und im Südirak als nötig erwiesen haben. Der Gedanke ist von dort auf Bosnien übertragen worden. Gesteigertem Militarismus muß man immer die Spitze brechen. Diese Helden der Luft da abzuschießen, halte ich für sinnvoll. Ob das das Morden am Boden beenden kann, weiß ich nicht. Aber in der Kombination von außerordentlichem Druck und symbolischen Aktionen könnte ein Luftembargo dienen. Int.: K.W.
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