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Dr. Caligari, Kino-Fest

Sonntag, high noon, Schauburg: Ein Kinoerlebnis der Extraklasse. Das Kommunalkino präsentierte „Das Cabinet des Dr.Caligari“ von 1920. Und zwar — hoch schlugen Cineastenherzen — in viragierter Fassung und live-musikalisch begleitet. Ein Fest für die 200 Schaulustigen. Auf dem Jahrmarkt taucht ein ein „Dr.Caligari“ auf, der dem Kleinstädtchen einen „Somnanbulen“ zeigen will, der weissagen kann. Spezialität: Voraussage der Todesstunde. Trefferquote: 100 Prozent. Höchst bedroht: die Schöne. Die Geschichte ist in eine Rahmenhandlung gebettet,

hier die schwarze

Figur

die in einem Irrenhaus spielt und sich zum Schluß ebenfalls als Metaebene herausstellt.

Der gute alte Stummfilm — weder war er je stumm noch war er ohne Farbe. Hart arbeitete der Mann am Piano fürs Sentiment und die Musikfarbe, und: Der „viragierte“ Film war nachträglich koloriert, d.h. mit einer Farbstimmung unterlegt. Rosa fürs Gemach der Liebsten, Oker für die helle Seite des Lebens, Blau für die grauenhafte.

In der Schauburg machten die Stummfilmmusiker der Gruppe „trioglycerin“ die Musik — perfekt komponiert und gespielt und doch mehr als „Sound“. Mit Oboe (fürs Menschliche), Posaune (für die ärgste Dramatik) und einem Synthesizer für Tritte, lodernden Haß, irre Anwandlungen...

Eine Fülle von Reizen, dabei ist der Film selbst schon ein Ereignis: Die Kulisse scheint dem Bild eines Expressionisten entsprungen (s.Kirchner), es gibt keinen rechten Winkel, keinen Kreis. Wild fluchten Zimmerwände in alle möglichen Richtungen, Fensterkreuze sind mehrfach verzerrt, — und selbst das Guckloch zur Gefängniszelle ist rautenförmig. Zacken und Sterne — alles verweist auf die Formensprache der Expressionisten. Grob bepinselte Wege sind so perspektivisch verzerrt, daß der schreckliche Doktor mit wenigen Schritten am Horizont verschwinden kann. „Zwangsvorstellungen“, so ein Untertitel, Paranoia: Die Psychologie war 1920 noch neu und spannend. Worauf der Film (Regie: Robert Wiene) zurückgreift, erklärte vorab der Filmfachmann H.W.Redottee, und man fand die Motive im Film alle wieder: den Jahrmarkt als Inbegriff des Lebens, das expressionistische „nach vorn und schräg“, den Topos des Doppelgängers, der die hiesige Kulturgeschichte seit der Renaissance bewegt. Bus

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