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Parteikarrieren bei der Polizei

■ CDU-Parteigänger profitieren von vertraulicher Beförderungsliste, die in einem Papierkorb gefunden wurde/ Umbau der Polizei in vollem Gang

Berlin. Beförderungen bei der Polizei, so erklärte Innensenator Dieter Heckelmann in der gestrigen Sitzung des Innenausschusses, werden nach dem Gesichtspunkt der Qualität vorgenommen. Die CDU-Fraktion war mit ihrem Senator einer Meinung, doch den anderen Fraktionen drängte sich die Frage auf, ob dabei nicht auch weniger lautere Kriterien eine Rolle spielen. Anlaß zum Zweifel bot ein »vertraulich« tituliertes Schreiben, das im Herbst letzten Jahres zerknüllt in einem Papierkorb gefunden wurde. In ihm machen sich die unbekannten Autoren Gedanken über die »Personalplanung für den höheren Polizeivollzugsdienst«.

Vierzehn Führungsstellen galt und gilt es in diesem und im nächsten Jahr zu besetzen. Dafür hält das Papier eine Reihe von Personalvorschlägen bereit, deren gemeinsamer Nenner die politische Nähe zur oder gar Mitgliedschaft in der CDU ist. Die Verwirklichung dieser Pläne hängt, so die Autoren damals, von dem »Fortgang der politischen Konstellation« sowie der »eigenen Beharrlichkeit« ab. — Die Beharrlichkeit scheint sich ausgezahlt zu haben, denn nach knapp einem Jahr sind wesentliche Vorgaben der Liste erfüllt.

Mittlerweile wurde der Leitende Polizeidirektor und CDU-Spezi Manfred Buckholz zum Leiter der Direktion7 ernannt. Damit wurde die laufbahnmäßige Voraussetzung dafür geschaffen, daß er die Nachfolge des im kommenden Februar zurücktretenden Landesschutzpolizeidirektors Gottfried Heinze antreten kann. Auch für die Nachfolge von Landeskriminalpolizeidirektor Wolfgang Schinz, neben Heinze vierter Mann in der Polizeihierarchie, wurde Vorsorge getroffen. Der frühere Kripo-Chef der Direktion4 und CDU-Mann Hans-Ulrich Voß wurde bereits zum Polizeidirektor befördert. Er wird voraussichtlich auch Stellvertreter von Vizepräsident Dieter Schenk, wenn dieser die Leitung des Landeskriminalamtes übernimmt. Auf CDU-Ticket sind auch Kriminaloberrat Veit zur Kripo in die Direktion6 und Polizeioberrat Wenderoth in die Innenverwaltung gerutscht, beides mit entsprechenden Beförderungen. Weitere Spitzenpositionen stehen in den kommenden Monaten zur Besetzung an, auch hier hocken CDUler in den Startlöchern.

Angesichts der hohen Trefferquote des anonymen Personalpapieres stellten sich gestern Vertreter der Opposition die Frage, ob da jemand über hellseherische Qualitäten verfüge oder dem Innensenator die Liste bei seinen Personalentscheidungen an die Hand gegeben wurde. Eine solche Vorstellung wies Heckelmann von sich, er sei bei Beförderungen immer den Vorschlägen des Polizeipräsidenten gefolgt. Wie der Bündnis 90/Grüne-Abgeordnete Wolfgang Wieland zu berichten wußte, hole dieser jedoch zuvor immer das »vorbeugende Wohlwollen« des Innensenators ein. Kenner der Szenerie mutmaßen die Autoren des Schreibens denn auch im Polizeiarbeitskreis der CDU. dr

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