KOMMENTAR: Antirassistisch oder gar nicht
■ Die Olympia GmbH muß die Stimme gegen Rassismus erheben
Es gibt genügend Gründe, daran zu zweifeln, daß Olympia 2000 dieser Stadt guttun wird. Mit der großen Aufgabe belastet, die Stadthälften zusammenzuführen, städtebauliche Konzepte für eine menschenverträgliche Metropole zu entwickeln und gleichzeitig in die neue Rolle als Hauptstadt zu finden, ist Olympia eine Überforderung. Möglicherweise aber scheitert der Plan bereits an den leeren öffentlichen Kassen und der fehlenden politischen Unterstützung aus Bonn. Vor allem aber müssen die Bilder aus Deutschland Zweifel im Ausland wecken, ob dies der rechte Ort für ein Treffen der Völker ist.
Der Stadt kann es für die Bewerbung nicht gleichgültig sein, was in Rostock passiert. Schließlich sollen dort die Segelwettbewerbe stattfinden. Deswegen müßte es für die Olympia GmbH wichtig sein, die Zweifel zu zerstreuen, die die rassistischen Angriffe auf ausländische Menschen in Deutschland bei den IOC-Mitgliedern auslösen könnten. Dem Chef der Olympia GmbH, Nawrocki, ist auch sehr bewußt, welchen verheerenden Schaden die Angriffe von Rostock und anderswo für die Olympia-Bewerbung bedeuten. Daraus aber folgt offenbar nichts. Nawrocki hält weder eine Vergangenheitsbewältigung — die Auseinandersetzung mit der Olympiade von 1936 — noch eine Gegenwartsbewältigung — der Rostocker Pogrome — für nötig. Wenn die Olympiade aber trotz der Einwände gegen Doping und Kommerz überhaupt einen Sinn haben kann, dann nur als eine Vision eines gewaltlosen Zusammenlebens aller Menschen. Die Stimme zu erheben für ein anderes Deutschland, sich öffentlich auszusprechen gegen die Ausländerfeindlichkeit, ist dringend geboten. Dem Ausland muß deutlich werden, daß 1936 nichts mehr mit der Gegenwart zu tun hat. Um Baupläne und Infrastrukturkonzepte, um Werbeeinnahmen und Übertragungszeiten kann es jetzt nicht mehr gehen. Taucht die Olympia GmbH aber weiter ab, dann gibt es überhaupt keinen Grund mehr für Olympia in Berlin. Gerd Nowakowski
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen