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UNO-Soldaten dürfen sich verteidigen

■ Weltsicherheitsrat stärkt Position von Blauhelmen in Ex-Jugoslawien und will mehr Soldaten schicken

New York (epd/AP/taz) — Die bosnischen Muslime werden am Freitag nun doch an den Genfer Friedensgesprächen für Bosnien-Herzegowina teilnehmen. UN-Sprecher Fred Eckhard erklärte gestern in Genf, der bosnische Präsident Izetbegovic habe in einem Brief an UN-Vermittler Vance zugesagt, seinen Außenminister Haris Silajdic zu den Gesprächen zu schicken. Izetbegovic selbst werde wegen der verstärkten serbischen Angriffe in Bosnien-Herzegowina aber nicht nach Genf reisen. Vance begrüßte die Entscheidung des bosnischen Präsidenten, der am Montag zunächst ganz abgesagt hatte.

Auch von Serbenführer Radovan Karadzic ist bei den Vereinten Nationen in Genf bisher noch keine offizielle Absage eingetroffen. Karadzic hatte in einer Pressemitteilung mit seinem völligen Rückzug von den Gesprächen gedroht, falls ein Flugverbot für Militärmaschinen über Bosnien verhängt werde. Diplomaten in Genf gehen inzwischen allerdings davon aus, daß sowohl die Serben als auch die Kroaten an der neuen Runde der Friedensverhandlungen teilnehmen.

Unterdessen hat der UN-Sicherheitsrat am Montag abend in New York die Entsendung von weiteren mehreren tausend Blauhelm-Soldaten nach Ex-Jugoslawien beschlossen. Die zusätzlichen Einheiten sollen in Bosnien-Herzegowina den Schutz der humanitären Hilfslieferungen gewährleisten. Von den 15 Mitgliedern des Sicherheitsrates stimmten zwölf Länder für die entsprechende Resolution 776. China, Indien und Simbabwe enthielten sich der Stimme. Damit hat das Gremium die Empfehlungen von UN-Generalsekretär Butros Ghali gebilligt. Dieser hatte in der vergangenen Woche vorgeschlagen, das in Bosnien-Herzegowina stationierte Blauhelm- Kontingent von derzeit 1.500 Mann auf bis zu 7.500 Soldaten aufzustocken.

Im einzelnen empfahl Ghali die Entsendung von zwei Kompanien mit Panzerspähwagen, zwei Kompanien gepanzerter Infanterie, Einheiten zur Minenräumung, eines Transportbataillons mit 100 Lastwagen und 500 Soldaten sowie einer medizinischen Rettungsgruppe und einer Brückenbaukompanie. Außerdem schlug der UN-Generalsekretär vor, die Blauhelme sollten in Zukunft auch Gewalt anwenden dürfen, wenn sie angegriffen oder in ihrer Arbeit behindert werden. In der Resolution 776 des Sicherheitsrats wird der Bericht Ghalis, in dem diese Empfehlungen enthalten sind, ohne Einschränkungen gebilligt.

Konkrete Beschlüsse über ein Verbot militärischer Flüge über Bosnien-Herzegowina traf der Sicherheitsrat dagegen noch nicht. In der Präambel der neuen Resolution wird jedoch die „Bedeutung von Eingriffen in den Luftverkehr, wie etwa das Verbot militärischer Flüge“, unterstrichen. Dieser Punkt wird voraussichtlich Gegenstand einer eigenen Resolution des Sicherheitsrats sein.

Daß sich China bei der Abstimmung der Stimme enthielt, begründete UN-Botschafter Li Daoyou damit, daß durch den Einsatz von Gewalt „die Situation verkompliziert, die Konflikte verschärft und der Haß vertieft“ würden. Statt dessen betont China angeblich Übereinstimmungen mit der Regierung von Restjugoslawien. Nach den Worten von Ministerpräsident Milan Panic hätten beide Seiten ähnliche Ansichten zu den Sanktionen gegen Belgrad. China erwäge sogar, trotz des Embargos der Vereinten Nationen Öl für humanitäre Zwecke zu liefern.

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