Klaus Croissant als Stasi-Mann verhaftet

■ Der Rechtsanwalt soll über Interna aus der autonomen Szene, von den Grünen und von der taz berichtet haben

Berlin (taz) — Der frühere Anwalt von Ulrike Meinhof und anderen RAF-Gefangenen, Klaus Croissant, der am Montag auf Antrag der Bundesanwaltschaft wegen Spionageverdachts verhaftet wurde, ist gestern dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt worden. Am späten Nachmittag entschied der Richter, daß der Haftbefehl nicht außer Kraft gesetzt wird. Croissant, der unter dem Decknamen „Taler“ von Anfang 1981 bis zum Ende der DDR für die Hauptabteilung XXII (Terrorabwehr) der Stasi als Inofizieller Mitarbeiter gearbeitet haben soll, klagte vor Journalisten, daß die mit Fluchtgefahr begründete Inhaftierung für ihn gleichbedeutend mit einer versuchten Existenzvernichtung sei.

Croissant, der mit den inzwischen als Stasi-IMs enttarnten Dirk Schneider und Till Meyer zu den PDS-Unterstützern in West-Berlin zählt, soll nach den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft vor allem Berichte über die Grünen und die autonome Szene nach Ost-Berlin geschickt und dafür die für Stasi-Verhältnisse beträchtliche Summe von insgesamt 71.000 Mark erhalten haben. Der IM „Taler“ berichtete auch über Interna der taz (siehe Dokumentation), wie aus den Akten der Gauck-Behörde hervorgeht. Zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen äußerte sich Croissant gestern nicht. Er wolle aber „alles auf den Tisch legen“.

Der Anwalt hatte sich Ende der siebziger Jahre zunehmend mit seinen RAF-Mandanten politisch identifiziert und war Anfang der achtziger Jahre vom Landgericht Stuttgart zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung verurteilt worden. Die Richter befanden ihn für schuldig, ein verdecktes Informationssystem zwischen den RAF- Gefangenen mit aufgebaut zu haben.

Heute beschuldigt die Bundesanwaltschaft Croissant auch, im April 1982 seine langjährige Lebensgefährtin Brigitte Heinrich mit der Stasi in Kontakt gebracht zu haben. Unter dem Decknamen „Beate Schäfer“ soll auch sie als Redakteurin der taz ab Januar 1983 über Interna dieser Zeitung, über die Friedensbewegung und das RAF-Umfeld berichtet haben. Nach 1984, Heinrich war für die Grünen in das Europaparlament eingezogen, sollen ihre Berichte über die grüne Partei via Klaus Croissant an die Stasi gegangen sein. Bis zu Heinrichs Tod im Dezember 1987 war Croissant nach Angaben der Bundesanwaltschaft ihr Instrukteur und Kurier.

Nach Informationen der „Tagesthemen“ vom Montag abend informierte Croissant Mitte der achtziger Jahre die Stasi unter anderem auch über den Ausstieg des Rechtsanwaltes Siegfried Haag aus der RAF. Er soll sich auch auf Bitten von Ilse Jandt, einem Mitglied der „Bewegung 2. Juni“, bei der Stasi erkundigt haben, ob sie in der DDR politisches Asyl bekommen könnte. Wolfgang Gast