: „...kommt sie wieder, die ausgerottete Pest“
■ Im Wortlaut: Erklärung der beiden deutschen P.E.N.-Zentren zum Terror gegen Ausländer
1948 hat der Dichter Günter Eich gewarnt: „Betrachtet die Fingerspitzen! Wenn sie sich schwarz färben, ist es zu spät.“ In den Jahrzehnten seither haben deutsche Schriftsteller immer wieder dazu aufgerufen, den rechtsextremistischen Tendenzen entschieden Widerstand zu bieten; und immer wieder haben Politiker entgegnet, es gebe keine Gefahr von rechts. Zur Bekämpfung des linken Anarchismus wurden die staatlichen Mittel bis an die Grenzen des Vertretbaren erweitert, der Rechtsextremismus wurde geduldet und verniedlicht.
Jetzt stellt unser Land sich darauf ein, verdeckten und offenen Fremdenhaß, Menschenjagd, Mordanschläge und neonazistischen Terror als Teil des Alltags hinzunehmen. Jetzt werden Neonazis durch Nachgiebigkeit gegenüber ihren Parolen geradezu ermutigt.
Jetzt soll das Grundrecht auf Asyl politischem Opportunismus geopfert werden, ein Menschenrecht, das ausdrücklich aufgrund von Erfahrungen aus der Nazizeit in unser Grundgesetz geschrieben wurde und zu den wichtigsten Charakterzügen unserer Demokratie gehört.
Jetzt dürfen sich Schlägertrupps, deren Methoden sich in nichts von denen früherer SA- Kommandos unterscheiden, als Erfolg anrechnen, wenn ein Stück Substanz der zweiten deutschen Demokratie zerstört wird. Wir erinnern daran, daß Zögerlichkeit, Angst, Anpassertum und parteipolitische Kurzsichtigkeit wesentlich zur Vernichtung der ersten deutschen Demokratie beigetragen haben.
Wir erinnern an Günter Eichs Zeilen von 1948: „Eines Tages kommt sie wieder, die ausgerottete Pest.“
Wir fordern alle, die guten Willens sind, dazu auf, sich einzusetzen für den Bestand des Rechtes auf Asyl, für ein friedliches Zusammenleben mit Menschen aus anderen Ländern und sie und uns vor dem Terror zu bewahren, bevor es zu spät ist. Ein „zu früh“ gibt es in dieser Frage nicht. P.E.N.-Zentrum Bundesrepublik Deutschland, Deutsches P.E.N.-Zentrum (Ost)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen