: Alptraum statt Traum
■ Reduta-Theaterwerkstatt-Eleven zeigen Shakespeares »Sommernachtstraum«
Die Liebe und ihre unvorhersehbaren Wege und Kapriolen stehen ganz im Vordergrund des Sommernachtstraumes der Reduta-Theaterwerkstatt: In der Mitte der Bühne pulsiert plakativ ein rotes Herz, gefangen in einem viereckigen Kasten. Gefangen in ihren Gefühlen sind auch die Shakespearischen Figuren, deren Zuneigungen von traumhaften Gestalten aus der Elfenwelt ganz schön durcheinandergeschüttelt werden. Die Ebenen zwischen Traum und Realität vermischen sich im Laufe dieser Mittsommernacht immer stärker. Erst am Ende entwirrt sich der willkürliche Liebesreigen — eine anspruchsvolle Aufgabe für Schauspieler und solche, die es werden wollen: Sie müssen sich zwischen echten und aufgesetzten Gefühlen hin- und herbewegen und von der Klamotte bis zur Tragödie alle Ausdrucksformen des Theaters beherrschen.
Das zu zeigen hat sich die erste Klasse der Reduta-Theaterwerkstatt (Leitung: Teresa Nawrot) vorgenommen. Drei Jahre dauert die Ausbildung an diesem Institut. Sie orientiert sich an Stanislawski und Grotowski. Siebzehn Wochenstunden umfaßt der Unterricht, der zumeist in Gruppen abgehalten wird und bare Münze verlangt — und das nicht zu knapp. Dafür versprechen die Macher, »Schauspieler, Regisseure und Pädagogen mit langjähriger Erfahrung auf ihrem Fachgebiet«, ihren Schülern »sinnvolles, produktives und logisches Handeln auf der Bühne« beizubringen.
Das ist wohl etwas, das man auch von einer Schauspielausbildung erwartet. Nur — was in diesem »Sommernachtstraum« zu sehen war, hat wenig mit einer sinnvollen oder gar logischen Arbeitsdemonstration von Schauspielern zu tun, die hier zum ersten Mal zeigen könnten, was sie gelernt haben. Vielmehr handelt es sich um die Demonstration einer Reihe von Regieeinfällen eines Regisseurs, der sich besser an einem anderen Ort ausprobieren sollte als ausgerechnet an einer Schauspielschule.
Frank Klaffkes in die Länge gezogener Sommernachtsalptraum läßt den Schauspiel-Eleven keinen Raum für differenziertes Spiel. Das Stück wird zur Seifenoper degradiert, den Darstellern bleiben überzogene Gesten und Lach- oder Weinkrämpfe, die allesamt so unecht wirken wie das Spiel von Schmierenkomödianten. Sie erscheinen wie Rädchen im bösen Getriebe, sind nur Objekte zur Erfüllung der Wünsche eines anderen. Ein Regieeinfall jagt den nächsten, von deren Qualität möchte man lieber nicht sprechen — die Schauspieler bleiben dabei jedenfalls auf der Strecke.
Ob man diese Art von überambitionierter, schauspielerfeindlicher Regie mag oder nicht, ist in diesem Fall egal. Nicht egal ist allerdings die offenkundige, eigennützige Ignoranz, mit der hier ausgerechnet Schüler auf dem Präsentierteller seziert werden. Anja Poschen
Bis 27.9., So bis So, um20 Uhr, im Theaterforum Kreuzberg, Eisenbahnstraße 21.
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