: Kein Durchbruch für den Tiergartentunnel
■ Die Zeitvorgaben von Bauherr Daimler Benz lassen sich für den Bau nicht einhalten/ Finanzierung der unterirdischen Verkehrsverbindung östlich des Potsdamer Platzes ist noch völlig ungewiß/ Wird Daimler Benz vom Senat zur Kasse gebeten?
Berlin. Auf den ersten Blick scheint er buchstäblich ins Wasser gefallen zu sein. Dort wo die Große Koalition nach mühseligen Verhandlungen im Dezember letzten Jahres die südliche Ausfahrt des Tiergartentunnels verlegt hatte, dort glänzt im Entwurf für das Daimler-Benz-Areal am Potsdamer Platz ein künstlicher See. Doch verschwunden ist das umstrittene Projekt damit nicht. Ursprünglich direkt neben Staatsbibliothek geplant, taucht es nun etwa 100 Meter weiter östlich auf. Neben dem geplanten Standort der DEBIS-Zentrale senkt sich die vierspurige Fahrbahn tiefer in den Boden als ursprünglich geplant. Denn wegen der vorgesehenen Wasserflächen muß der Tunnel zwei Meter tiefer abgesenkt werden, als vorgesehen. Dadurch wird die etwa 100 Meter lange Rampe noch länger oder steiler.
Die Verlagerung des Tunnelmundes wirft nach Ansicht des für die Bauleitplanung zuständigen BSM- Mitarbeiters Rolf Thierer keine grundsätzlich neuen Probleme auf, allerdings sind die bestehenden bereits gravierend genug. Daimler- Vorstandsmitglied Manfred Gentz erklärte kürzlich, daß sein Unternehmen bereits im Spätsommer 1993 mit den Tiefbauarbeiten beginnen könne und der erste Bauabschnitt bis 1996 fertig sei. Dazu müsse der Autotunnel ebenfalls bis 1996 gedeckelt sein.
Doch so schnell, wie Daimler will, wird der Senat nicht sputen. Die Planfeststellungsverfahren werden nach Ansicht des Leitungsreferenten in der Verkehrsverwaltung, Reiner Plath, erst Anfang 1995 beendet werden. Bis zur Deckelung muß danach noch mit einer Bauzeit von zwei Jahren gerechnet werden. Ob diese Terminplanung überhaupt eingehalten werden kann, hängt unter anderem davon ab, ob Betroffene gegen das Tunnelvorhaben klagen.
Spätestens bis zum Ende des Planfeststellungsverfahrens muß auch feststehen, wer den Tunnelbau finanziert. Verkehrssenator Herwig Haase will die dafür erforderlichen 600 Millionen Mark dem Bund aufbürden. Die Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums, Gabriele Grimm, bekräftigte die Haltung ihres Dienstherren, daß nach dem Gesetz für Stadtstraßen das Land Berlin zuständig sei. Der Bund wäre nur zur Kasse zu bitten, wenn unter dem Tiergarten, wie von ihm gewünscht, eine Autobahn gebaut würde. Das will die Berliner SPD jedoch genausowenig wie eine Bezahlung des Tunnels aus der Landeskasse. Die Fraktion steht wegen dieses Projektes bereits unter Beschuß ihrer Parteibasis.
In Anbetracht der Geldprobleme wächst die Neigung, Daimler Benz zur Kasse zu bitten. Denn das Unternehmen profitiert erheblich vom Tunnel, da über ihn die Konzerngebäude unterirdisch erschlossen werden sollen. Senatsbaudirektor Hans Stimman ist der Meinung, es entstehe nicht mehr ein Regierungstunnel, sondern ein »neues Projekt«, weshalb es sich geradezu anbiete, den Konzern an der Finanzierung zu beteiligen. Auf diesem Wege ließe sich auch ein weiteres Problem des Daimler-Bauvorhabens elegant lösen. Der Piano-Entwurf hat nach ersten vorsichtigen Schätzungen einen zusätzlichen Flächenbedarf von etwa 5.000 Quadratmetern. Gentz will einen Flächentausch, »so daß kein zusätzlicher Flächenerwerb notwendig wird«. Nach Einschätzung der Planungsbeamten verfügt Daimler jedoch nicht über die erforderlichen Tauschareale, hier bieten sich, nach Stimmans Worten, andere Formen der Kompensation an. Die finanzielle Beteiligung am Tunnelbau wäre eine solche. Dieter Rulff
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen