piwik no script img

Knast gegen Kriegsdienstgegner

■ Die Gefangenen der Bundeswehr bitten um Unterstützung / Aus dem „Solidaritätsrundbrief für die gewaltfreien politischen Gefangenen“

Der Bundeswehr stehen eine Vielzahl von Disziplinierungsmaßnahmen zur Verfügung, um zum Wehrdienst Eingezogene gefügig zu machen. Die härteste Form davon ist der Arrest, verschärfte Einzelhaft mit 24-stündigem Einschluß, oftmals Sprechverbot und vollständiger Isolation. Bei totalen Kriegstdienstverweigerern hat der Arrest nur eine Funktion: er ist Beugehaft. Der Wille zur totalen Verweigerung aller Kriegsdienste soll gebrochen werden. Somit ist der Arrest ein gezielter Angriff auf grundlegende Überzeugungen der Totalverweigerer

Vor dem Hintergrund der deutschen Vergangenheit, in der von Deutschland aus unermeßliches Leid und brutaler Terror über die Menschen in Europa und der ganzen Welt gebracht worden ist, ist die Verfolgung von totalen Kriegsdienstverweigerern ein Skandal sondergleichen! Es ist eine Schande, daß Menschen, die nichts anderes wollen, als jede Form des Kriegsdienstes umfassend und total zu verweigern, verfolgt, kriminalisiert und inhaftiert werden.

Für die Gefangenen ist jede Form von Unterstützung von draußen wichtig, die ihnen den Rücken stärkt und das Gefühl vermittelt, daß sie mit ihren Überzeugungen nicht alleine sind und nicht im Knast begraben und vergessen werden. Post von draußen hat dabei eine ganz wichtige Funktion. Jeder Brief, jede Karte, die sie erreicht, ist ein kleines bißchen Licht im Dunkel des Kerkers.

Briefe sind für sie oft die einzige Möglichkeit, die Kontakte nach draußen überhaupt aufrecht zu erhalten. Es ist die letzte Form der Kommunikation, die ihnen bleibt. Darum: schreibt den gefangenen Totalverweigerern!

Mario Garz

— Arrestzelle —

Feldwebel-Lilienthal-Kaserne

5.Nachschubbataillon 11

Abernettistr. 200

2870 Delmenhorst

Mario stellte keinen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung und wurde deshalb zum 1.7. zur Bundeswehr einberufen. Er folgte dem Einberufungsbescheid nicht und wurde daraufhin am 12.7. von den Feldjägern gegen seinen Willen in die Kaserne gebracht.

Mario hat bereits 7 Tage Arrest abgesessen, der zweite Arrest dauert noch an.

Oliver Johns

—Arrestzelle —

Birmarckkaserne

3./162 Panzergenadierbataillon

Hamburger Landstr. 28

2057 Wentorf

Oliver wurde zum 1.4. einberufen, folgte seinem Einberufungsbefehl jedoch nicht und tauchte unter. Am 1.7. wurde er in seinem Elternhaus von einer Feldjägerstreife aufgegriffen und gegen seinen Willen in die Kaserne gebracht. Am 23.7. hat Oliver wegen „eigenmächtiger Abwesenheit“ und „wiederholter Befehlsverweigerung“ bereits 21 Tage Arrest abgesessen. Aber auch ihm drohen weitere Arreste, um seinen Willen zur totalen KDV zu brechen.

Tobias Henkel

—Arrestzelle —

Deutsch-Orden-Kaserne

6990 Bad Mergentheim

Tobias hat bereits die Erfassung und Musterung verweigert, was zur Folge hatte, daß er sowohl zwangserfaßt alsauch zwangsgemustert wurde. Die Zwangsmusterung wurde per Augenschein durchgeführt und als „volltauglich“ entschieden.

Tobias hatte einen Einberufungsbescheid zum 1.7. nach Giebelstadt, dem er nicht nachkam. Nach 14-tätigem Untertauchen stellte er sich am 15.7. in der Kaserne. Wegen „eigenmächtiger Abwesenheit“ und „Verweigerung der Einkleidung“ wurde er am 21.7. arrestiert und in die Deutsch-Orden-Kaserne verlegt.

Alexander von Lünen

19./LW-Ausbildungsregiment 1

Marienburgstr. 100

3380 Goslar

Alexander wurde zum 1.7. nach Goslar einberufen, folgte dem Einberufungsbefehl jedoch nicht. Am 16.7. wurde er in seiner Wohnung in Bonn von Feldjägern aufgegriffen und in die nächstgelegene Kaserne gebracht. Er verbrachte eine Nacht in einer Zelle in Bonn und wurde am nächsten Tag nach Goslar verlegt, wo er z. Zt in Arrest sitzt.

Wichtiger Hinweis: Im Bundeswehrarrest wird der Briefverkehr im Gegensatz zum normalen Knast nicht überwacht, d. h., die Briefe gehen ungeöffnet rein und raus. Wenn Ihr schreibt, vergeßt nicht, Rückporto beizulegen. Das ist im Knast immer Mangelware!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen