: Besser als Lindenstraße
■ Fortgesetzte Familienkrise: Schamlos III, die dritte Folge der Hamburger Soap Opera, feierte Vorpremiere auf Kampnagel
, die dritte Folge der
Hamburger Soap Opera, feierte Vorpremiere auf Kampnagel
Ganz eng saßen sie auf dem Sofa nebeneinander, und trotz oder gerade wegen der körperlichen Nähe war der Riß quer durch die Familie deutlich sichtbar. Es bedurfte nicht des unwetterhaften Blitzens und Donnerns - das persönliche Unheil war schon viel früher über die vier hereingebrochen. Die Helden schienen resigniert, da halfen auch die Worte von Sohn Klaus nicht mehr: Auch in seinem abschließenden „Morgen klart es wieder auf“ war keine Zuversicht spürbar.
Zum dritten Mal ging es Schamlos zu, doch für die Eimsbütteler Familie um Taxifahrer Hugo (Ulrich Wildgruber) und Gattin Edith (Brigitte Janner) war das Jahr 1992 das verheerendste. Der Kassensturz, dargeboten in der Halle 1 auf Kampnagel, war mehr ein finanzieller und emotionaler Offenbarungseid als eine nüchtern zum Jahreswechsel 92/93 gezogene Bilanz, die gestern ihre „Vorpremiere“ erlebte. Klaus (Andreas Maertens) und seine ostzonale, von Vater Hugo begehrte (Noch)-Freundin Jutta (Martina Gedeck) hatten „ihren Sohn Patrick“ bei einem Autounfall verloren, Hugo den Führerschein und Edith ihren Job bei „Budni“. Doch anstatt sich gegenseitig aus dem Jammertal zu helfen, suchte das Quartett sein Heil im indiviuellen Eskapismus.
Auch Alkohol, Therapie oder Buddhismus statt Budni konnten den Abwärtstrend nicht stoppen, der für alle unerklärbar blieb wie so vieles nach dem Mauerfall. Der staatlichen Wiedervereinigung folgte die persönliche Trennung einer Familie, in der nicht zusammenwachsen konnte, was zusammengehören sollte.
Ob die Normalbürger den Bruch wieder kitten können, wird sich am vierten Heimatabend, 1993, erweisen. Hat Jutta dann schon den kal-
1ten Westen gen heißen Osten („Das brennt da so schön“) verlassen? Kriegt Hugo „seine Pappe“ wieder? Die Autoren des dritten Teils dieser bis zum Jahre 2000 konzipierten Hamburger Soap Opera, Frank Göhre und Ulrich
1Waller, werden es uns wissen lassen. Schade, daß es diese Familie nur einmal pro Jahr zu bestaunen gibt, ansonsten wäre Schamlos ein lindenstraßenhafter Kultstatus sicher. Clemens Gerlach
Halle 1, noch heute, 20 Uhr
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen