: IN AMERIKAS SCHULEN IST WERBUNG FÜR COLA UND TENNISSCHUHE ERLAUBT
Reklamespots in der Penne
San Jose (dpa) — In den USA bricht nun endgültig auch in den Klassenzimmern das Zeitalter der Fernsehwerbung an. Ein Richter im kalifornischen San Jose entschied jetzt in einem Musterprozeß, daß in den Oberschulen des Bezirks TV-Spots ausgestrahlt werden dürfen, die für Schokoriegel, Cola oder Tennisschuhe werben. Dies ist bereits in 40 Prozent aller amerikanischen Oberschulen gang und gäbe.
Der oberste Chef der staatlichen Schulen Kaliforniens, Bill Honig, hatte mit dem Prozeß einen letzten Versuch unternommen, eine weitere Ausbreitung dieser Art von Werbung zumindest an der Westküste zu verhindern. Als eine Oberschule in San Jose im vergangenen Jahr die Einführung des Schulfernsehens beantragte, zog er vor Gericht. Unterstützt wurde er von Eltern, Lehrern und der nationalen Vereinigung für das Bildungswesen. Ihr Argument: die TV-Werbung verletze die Rechte der Schüler, weil zwangsweise Einfluß auf ihr Kaufverhalten ausgeübt werde. Der Richter wies dies jedoch mit der Begründung ab, daß den Lehrern die Übernahme des Programms und den Schülern eine Teilnahme freigestellt sei, was allerdings in der Praxis durch verschärfte Regeln gewährleistet werden müsse.
Das ist aber leichter gesagt als getan. Die zweiminütigen TV-Spots sind Teil einer Sendung mit aktuellen Nachrichten, „Kanal-1“, die von einer Kommunikationsgesellschaft in Tennessee produziert wird. Schulen, die das Programm im Unterricht ausstrahlen wollen, erhalten Fernseher und Kabelanschluß kostenlos. Wenn sich herausstellt, daß an einer Schule 70 Prozent der Lehrer von „Kanal-1“ keinen Gebrauch machen, wird der Apparat von der Gesellschaft wieder eingezogen. Da aber angesichts der drastischen Einsparungen im Schulwesen kaum jemand auf den Bildschirm als Mittel im Unterricht verzichten will, ist man eifrig darauf bedacht, die erforderliche Sendequote zu erfüllen.
Jetzt wird damit gerechnet, daß allein in Kalifornien 1.000 Schulen das TV-Programm übernehmen, was die Gegner als Ausverkauf des freien Bildungswesens werten.
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