piwik no script img

PRESS-SCHLAGSchulte? Overath? Hennes!

■ Köln verliert gegen Dortmund mit 0:1, und nur noch der selige Don Hennes kann den verrottenden FC retten

Hochspannend war das Match immer: Die Dortmunder drückten einen verunsicherten FC Köln in der 1. Halbzeit mit einem spielerischen Feuerwerk titelverdächtig an die Wand. Flinke Kombinationen, krachende Schüsse, haufenweise Torchancen, doch ein Treffer fiel erst mit dem Pausenpfiff: Stopper Schmidt lief Slalom, rechts rum, links rum, dann lechts und rinks, und knallte ein (rinks unben). Halbzeit zwei lief umgekehrt, und das hatte zwei Gründe: Die Borussia legte eine kreuzgefährliche Lässigkeit an den Tag, und hätte nicht ein überragender Stefan Klos im Tor gestanden (und einmal der Pfosten im Weg), sie hätten ein Spiel, das sie zur Pause 3:0 hätten führen müssen, noch locker 1:4 verlieren können.

Grund zwei hat legendär krumme Beine, ist (deshalb?) nur halbhoch gewachsen und eine Institution im Kölschen Fußball: Pierri Littibarski. Traurig anzusehen, was der einst begnadete Zauberer vor der Pause zusammenstolperte, wie ihm einfachste Bälle mißlangen, wie er wirkungslos und taktisch falsch viel zu weit vorn agierte und die einzige Kölner Chance vor der Pause überkläglich vergab. Im Presseblock geschah darauf Erstaunliches: offene Meuterei. Der Kurze müsse raus, ganz weg. Litti sei ja ein lieber, netter Kerl, aber er behindere das FC- Spiel und sei nun wirklich kein Leithammel mehr bei den Geißböcken. Und wenn Trainer Berger das nicht sehe, müsse der auch gehen, und zwar subito, bevor er den FC in die Zweite Liga führe.

Doch siehe: Berger sah. Littbarskis Auswechslung zur Halbzeit wurde mit reichlich Applaus bedacht. Es könnte das Ende einer großen Karriere sein, denn das FC- Spiel wurde augenblicklich zu einer Demonstration gegen das Säbelbein: Nobody Patrick Weiser brillierte; Horst Heldt, der seit nunmehr zwei Jahren zum Zweit-Häßler hochgelobt wird, wurde plötzlich zum wirbelnden Spielmacher; und der Pole Andrzej Rudy, ähnlich klein, blond und überschätzt wie Heldt, drehte so manchen Dortmunder schwindelig. Allein das Tor trafen sie nicht, auch weil Ordenewitzens Gewaltschüsse ihr Ziel verfehlten. Unfreiwillig hielt sich der Torjäger an das Transparent der Borussen-Fans: „Otze, laß' et.“

1:13 Punkte. Schlußlicht. Die Fans feierten Trainer Berger trotz alledem mit Sprechchören. Im Presseblock machte derweil ein sensationeller Vorschlag die Runde: Am besten wäre es, schimpfte er, wenn die Clubchefs den Hennes Weisweiler zurückholten auf die Trainerbank!

Eine grandiose Idee, war der 1.FC Köln doch zuletzt 1978 unter Don Hennes Deutscher Meister geworden. Da Weisweiler nicht mehr lebt, wären neue Formen der Betreuung nötig, transzendentale Übungsleitung, geistige Reinkarnation o.ä. Und der FC soll doch wiederbelebt werden! Auch für die taz wäre Weisweilers Comeback aus dem Jenseits eine Chance zur Wiedergutmachung: Hatte das Blatt doch, zu Hennessens Ableben 1984, die vielfach kritisierte Meldung gedruckt: „Fußball ist unser Leben — Weisweiler tot“. Doch schon kommen erste Zweifel and der Comeback- Idee. Hat nicht Weisweiler damals, 1978, den Wolfgang Overath aus der Mannschaft geekelt, und sitzt nicht eben jener Overath heute im Verwaltungsrat des Clubs? Solche Machtkonstellationen vor Augen, könne er sich einen Trainer Weisweiler wahrlich nicht vorstellen.

Aber es gibt Hoffnungen. FC- Präsident Klaus Hartmann wich der Trainerfrage aus: „Die Situation muß mit allen Beteiligten [auch Overath!, d. Red.] noch abgesprochen werden.“ Ein derart eindeutig verweigerter Treueschwur gilt branchengemäß als Abschußsignal. Aber umgekehrt gilt es genauso.

Kommt Helmut Schulte? Putscht sich Wollefjang Overath selbst auf die Bank? Heißt der Neue Morten Olsen, der Däne, der in der Klüngelstadt noch viel Kredit haben soll? Oder doch Weisweiler? „Don Hennes und die Liebe zur Liga“, ein Buch über die 70er Jahre der Bundesliga, heißt ein gerade erschienenes Klartext-Buch. Ja, Klartext lesen und reden: Der Titel ist ein Signal für den 1. FC und seine Liebe zur ersten Liga! Holt Weisweiler! Bernd Müllender

Borussia Dortmund: Klos - Reuter - Kutowski, Schmidt - Povlsen, Zorc, Rummenigge (89. Poschner), Zelic, Reinhardt - Chapuisat, Mill (73. Franck)

Zuschauer: 33.000

Tor: 0:1 Schmidt (45.)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen