Zuviel Abenteuer in Allermöhe

■ Abenteuer-Spielplatz eröffnet — Floß gekentert / Drei Kinder fast ertrunken

Adolf Singelmann war gestern ziemlich zerknirscht. Fünf Jahre lang hatte der kurz vor der Pensionierung stehende Leiter des Bergedorfer Gartenbauamts den Abenteuerspielplatz am Allermöher Randfleet geplant und beaufsichtigt. Es sollte ein ganz besonderer Spielplatz sein, auf dem Großstadtkinder auch mit Pflanzen, Wasser und Erde in Berührung kommen. Die Einweihung am Montag Nachmittag endete mit einem Fiasko.

Ein Floß, das an einem Seil ein Ufer des Fleets mit einer kleinen Abenteuerinsel verbindet, hielt dem Schunkeln der Kinder nicht stand. Die feierlichen Eröffnungsreden waren eben beendet, die Bezirksamtleiterin Christine Steinert im Gehen begriffen, da kenterte die kleine Fähre. Drei der zehn Kinder tauchten aus dem Wasser zunächst nicht wieder auf. Sie waren innerhalb des Sicherheitsgeländers unter dem umgekippten Floß gefangen. „Die waren gut 30 Sekunden unter Wasser“, berichtet ein Augenzeuge, der mit vier anderen Erwachsenen in den Fleet sprang und die Kleinen rettete.

„Hinterher kommen immer die Bedenkenträger, die alles besser gewußt haben“. Adolf Singelmann ist resigniert. Immer wieder hätte sich die Bevölkerung beklagt, daß für die Jugendlichen im Neubauviertel nichts getan wird. Der Abenteuerspielplatz mit zehn Meter hoher Tarzanschaukel, Schwimmbrücke und Skateboard- Bahn sollte der Jugend etwas bieten. Wieder und wieder hätten er und seine Mitarbeiter die Sicherheit der kleinen Fähre überprüft. Auf die Idee, daß ältere Kinder sie unter dem Applaus der umstehenden Bevölkerung zum Kentern bringen, war er nicht gekommen.

„Auf jedem Spielplatz passieren Unfälle“, sagt der für Spielplätze zuständige Ingenieur Heinz Weidmann-Henkel. Entscheidend sei für ihn, ob das Unglück durch „unsachgemäßen Gebrauch“ oder „versteckte Risiken“ enstanden sei. Eigentlich hätte das Floß wohl vom TÜV-Norddeutschland abgenommen werden müssen. Doch die technischen Überwacher kommen nur, wenn sie von den Bezirken angefordert werden. Wer weiß, ob die TÜV-Fachleute das Floß beanstandet hätten, dessen Vorbild Adolf Singelmann vor Jahren auf einer Gartenbauschau in Bremerförde entdeckt hatte. Weidmann- Henkel rät generell allen Selbstbau-

1ern, die Pläne überprüfen zu lassen. Das gelte auch für Familienväter, die im heimischen Garten eine Schaukel aufstellen. Sorgen bereiten den TÜV-Leuten vor allem veraltete Spielgeräte, die in manchen Gemeinden vor sich hinrosten.

Gestern früh haben die Mitarbeiter des Bergedorfer Gartenbauamts das Floß aus dem Wasser gefischt. Seither sind sie fieberhaft dabei, das Gerät umzukonstruieren. Ein zweites Seil könnte das Kentern verhindern, überlegt Adolf Singelmann. Doch ohne den TÜV läuft bei ihm nichts mehr.

Kaija Kutter