: Liebeskummer vor Gericht
■ Morddrohung gegen Beamte bei Adressen-Suche nach Ex-Freundin
bei Adressen-Suche nach Ex-Freundin
Er war den Kollegen von der Bildzeitung schon bekannt, war Ende der 80er schon mal auf einen Kran gestiegen, von dem er erst herunter kam, nachdem der Polizeiseelsorger über Megaphon mehrere Stunden beruhigend auf ihn eingesprochen hatte. Armin Sch. mußte sich gestern mittag vor dem Landgericht verantworten, wegen versuchter Nötigung und Bedrohung in fünf Fällen. So hatte er am 15. März 1991 um 16 Uhr 30 im Vorzimmer Henning Voscheraus angerufen und mit Mord gedroht, weil der Bürgermeister als Chef der Gesundheitsbehörde dafür verantwortlich sei, daß der Kontakt zu einer gewissen C. unterbunden wurde. Wenig später rief er bei der Sekretärin nochmal an. Er nehme die Morddrohung zurück, wenn er die Adresse von C. bekäme.
Armin Sch. machte vor Gericht einen ruhigen, konzentrierten Eindruck, wenngleich ihn die 20 Tage U-Haft sehr durcheinandergebracht hätten, wie er immer wieder betonte. Der 35jährige war beim ersten Prozeßtermin nicht erschinen, wurde mit Handschellen in den Saal geführt. Seine Geschichte ist traurig. Als er 1984 in die Psychatrie eingeliefert wurde, weil er öffentlich aufgefallen war, lernte er dort ein Mädchen kennen. Das Paar war drei Monate zusammen, auch nachdem Armin Sch. aus der Klinik entlassen wurde, besuchte er sie oft. Dann machte er Schluß, überlegte es sich am nächsten Tag wieder anders, da wollte sie nicht mehr. Richter von Selle: „Waren sie verliebt?“ Angeklagter: „Ja“.
Als Armin Sch. seine Ex-Freundin vier Jahre später am Berliner Tor wiedertraf, machte sie auf ihn einen kaputten Eindruck. Es sollte nochmal drei Jahre dauern, bis er ein Foto von ihr in einer Zeitung sah, wo sie als drogenabhängige Freundin eines an Überdosis gestorbenen Junkies abgebildet war. Seither hatte er noch mehr Angst, daß sie stirbt. Wollte sie sehen.
Doch weder Polizei noch Meldeamt waren bereit, ihm die Adresse zu nennen. Datenschutz. Ihm kam der Verdacht einer Behördenverschwörung. Durch geschicktes Fragen, so erinnert sich Armin Sch., habe er immerhin herausbekommen, daß die Frau in Altona wohnt. Seither nervte er im Bezirksamt die Mitarbeiter, weil er die Wahlverzeichnisse durchforsten wollte. So kam es dann, daß er jeweils nach durchzechter Nacht zwei Mitarbeiter des Datenschutzbeauftragten, den Leiter des Bezirksamts Altona sowie den dortigen stellvertretenden Wahlleiter mit Morddrohungen überzog. „Ich hatte das nie ernst gemeint“, beteuerte der Angeklagte vor Gericht. Und auf die Frage des Richters, ob denn die Ex-Freundin selbst veranlaßt haben könnte, daß die Adresse gesperrt wird: „Ja, vielleicht war sie von meinen Bemühungen genervt.“
Der Psychatrische Gutachter bescheinigte ihm eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit. Bei allen Opfern hat sich Armin Sch. inzwischen schriftlich entschuldigt. Auch das machte Eindruck. Armin Sch. wurde zu 4 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und 400 Mark Geldstrafe verurteilt. Kaija Kutter
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