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Der Weg als Ziel

■ »Buddhistische Filmtage« in der Filmbühne am Steinplatz

Einen Moment innerer Harmonie hat sicher schon jeder einmal erlebt: Konzentriert auf eine Sache, sei es das glückselige Zerlegen eines Moto-Guzzi-Motors oder heitere Gelassenheit, die sich beim Reparieren eines Regenschirms einstellt, geschieht es zuweilen, daß das Bewußtsein, pendelnd zwischen Gegenstand und uns selbst, in den Zustand absoluter Konzentration gelangt. Beschäftigt mit Motor oder Regenschirm transzendiert der Gegenstand und unsereins. Der Rest ist vergessen.

Was wie der leicht begehbare Pfad zu Lotussitz und der Kunst des Zens erscheint, erweist sich nach intensivem Studium kaum als rousseauscher Waldspaziergang. Wer das partout nicht glauben mag, der möge sich während der »Buddhistischen Filmtage« in der Filmbühne am Steinplatz analog zum Kongreß »Einheit in der Vielfalt — Buddhismus in Europa« umtun. Zu sehen sind selten gezeigte Kurzfilme aus den USA, Korea und Großbritannien über Buddhismus und Zen-Meditiationslehre, Spielfilme wie der 1981 in Korea entstandene »Mandala — Die blinden Augen des Herzens« (26. und 30.9.) oder die deutsch-indische Stummfilmkuriosität »Leuchte Asiens« von 1921 (26.9.) sowie Dokumentationen über das besetzte Tibet und sein im Exil lebendes geistiges Oberhaupt, den 14. Dalei Lama. Daß dieser im Hier und Jetzt lebt, beweist der Amerikaner Mickey Lemle mit seinem Portrait »Commpassion in Exile — The Story of the 14th Dalai Lama« von 1992 (26. und 30.9.). Tenzin Gyatso, die 14. Reinkarnation des Priesterfürsten, hat ein Faible für Armbanduhren. Er schraubt sie auseinander und entdeckt den Fehler der stillstehenden Zeit. Über den verblüfften Lemle hinter der Kamera lacht er sich kringelig. Überhaupt ist Seine Heiligkeit trotz der Schrecken, die sein Tibeter-Volk durch die marodierenden Chinesen erleiden muß, ein vergnügter Mensch. Auf die Frage, ob er die Chinesen hasse, antwortet er entschieden »nein«: Kein Haß, compassion.

Rigorose Strenge kennzeichnet dagegen das Dasein junger Mönche im japanischen Zen-Kloster Ah-ji. Der 1977 auf einer unwirtlichen Insel im Japanischen Meer gedrehte Dokumentarfilm »Zen Temple — The Eihei-ji« offenbart Einblicke in den Alltag der Zen-Novizen. 400 Mönche leben abgeschieden nach den unerbittlichen Regeln des Meisters Dagon, der 1244 das Kloster gründete. Der Tag beginnt um 4.30 Uhr mit schweigen. Unterbrochen nur vom Geräusch der Hände, die in eine Schüssel mit Wasser tauchen. Null Grad beträgt dessen Temperatur, außen sind zehn Grad — unter Null. Von den kahlen Köpfen steigt dichter Dampf.

Die indiskrete Kamera kann sich kaum lösen von den sorgfältigen und zugleich anmutigen Bewegungen der Mönche. Schweigen, Exerzitien in sitzender Versenkung, dem Zazen, und das Zählen des Atmens, der Kommentator verstummt. Die Novizen sitzen auf einer Holzbank, die Gesichter zur Wand. Beginnen die Gedanken zu schweifen, erschlafft der Körper. Ein Schlag mit dem Holzschwert mahnt unmißverständlich. Und plötzlich erzählen die Mönche über sich und warum sie ins Kloster gingen. Keiner klagt. Der Weg ist das Ziel. Das Team verläßt den eisigen Ort, staunend, verfroren, obwohl die Mönche mit nackten Füßen über die Tatami-Matten durch den Schneeregen eilen. Ohne Regenschirm. Yvonne Rehhahn

»Buddhistische Filmtage«, Filmbühne am Steinplatz, Hardenbergstraße 12, bis zum 30. September.

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