: Programmkarussell im Dritten
■ Am 1.Oktober startet das neue Tagesprogramm von SFB und MDR
Geladen hatte man sinnigerweise ins Panorama-Café des Fernsehturms am Alexanderplatz. Der Pressesprecher des Senders Freies Berlin (SFB) begrüßte mit den Worten, heute werde sich alles um und über Berlin drehen. Der erste Fauxpas. Denn zum einen bewegte sich das Karussell-Restaurant um keinen Millimeter, und zum anderen sah sich MDR- Programmdirektor Henning Röhl durch diesen Ausspruch sofort genötigt, die Beteiligungsverhältnisse klarzustellen.
Tatsächlich wird das neue, von SFB und dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) gemeinsam ausgestrahlte Tagesprogramm, um das sich hier eigentlich alles drehen sollte, zu 60 Prozent vom MDR und nur zu 40 Prozent aus Berlin bestritten. Auf bestimmten Programmstrecken steuert auch der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg (ORB) Sendungen bei, die aber auch auf seinem eigenen Dritten Programm ausgestrahlt werden. Weitere Kooperationen innerhalb der ARD sind möglich, sogar erwünscht, wie Henning Röhl betonte.
Für die Zusammenarbeit der Regionalprogramme sind in erster Linie finanzielle Gründe entscheidend. Der Einspareffekt gegenüber einem Alleingang beträgt beim MDR nach Angaben von Programmdirektor Henning Röhl schätzungsweise zwischen sechs und acht Millionen Mark. Ein Aspekt, der insbesondere für den SFB, dem das Wasser bis zum Halse steht, interessant gewesen sein dürfte. Schließlich muß der Sender nach dem Ausstieg aus der Nordkette auch noch den Kostenaufwand für das ebenfalls am 1. Oktober startende abendfüllende Berlin-Programm B1 bewältigen.
SFB-Programmdirektor Horst Schättle bezeichnete die Kooperation denn auch als „wichtigste medienökonomische Entscheidung in der ARD“. Der Zusammenschluß mache es möglich, das vorhandene Geld optimal zu nutzen — zum Wohle der Zuschauer natürlich. Ab 1. Oktober kann nun also im ganzen Sendegebiet von MDR und SFB schon ab 10 Uhr in die regionale Röhre geglotzt werden. Dabei besteht das Angebot überwiegend aus Wiederholungen: So werden die Länderjournale vom Vorabend ebenso wie die Unterhaltungssendungen zweitverwertet. Unter letzteren finden sich beispielswiese die neue SFB-Gameshow „Tip-Top“ und der beliebte MDR- Single-Service „Je t'aime“. Zusätzlich gibt es ein Börsenmagazin, Bildungsprogramme („Fernseh-Lexikon“) und Kleinkinder- beziehungsweise Kindersendungen. Besonders erfreulich ist, daß in diesem Zusammenhang auch das alte Ost-Sandmännchen vom SFB übernommen wird.
Am Ende der Veranstaltung wurden die eingangs gesprochenen Worte doch noch wahr. 230 Meter über Berlin begann sich das Panorama-Café unvermittelt zu drehen. Fürsorglich forderte jemand die in die kalten Platten vertieften Presservertreter auf, „ihre Schnittchen festzuhalten“. Martin Muser
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen