: Kopf und Magen
■ Zwei Solidaritäts-Veranstaltungen für AusländerInnen und ein abgesagtes Fest
für AusländerInnen und ein abgesagtes Fest
Geschichten beim Kaffee: Im türkischen Ort Dereici wurde der Dorfvorsteher Circis Yüksel, „eine große Stütze für die syrisch-orthodoxen Christen“, am vergangenen Samstag ermordet, erzählt der Vorsitzende der „Kommission ausländischer und deutscher Gemeinden der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK)“ in Hamburg, Fechmi Aykurt. Und: Ein aus Deutschland vor drei Wochen abgeschobener Asylbewerber, Yakup Bektas, sei bei seiner Heimkehr am Flughafen gleich festgenommen worden. Geschichten zum Kaffee beim „Fest der Völker“ am Samstag im Wirtschaftsgymnasium St. Pauli.
So scheinbar ferne Realitäten, wie sie Fechmi Aykurt „nebenbei“ erzählte, waren auch in den Köpfen der gut 200 Festbesucher. Auch wenn man bei oberflächlicher Betrachtung nur erkennen konnte, daß die Glaubensbrüder aus Fechmi Aykurts Heimat offenbar Spaß am Fußballspielen hatten, während die zahlreich erschienenen Mitglieder der Neuen koreanischen Gemeinde sich durch Volleyballnetze und, bei einer „Modenschau“ der nationalen Trachten, die meisten und farbenprächtigsten Kostüme auszeichneten.
Auch friedlich, auch beschaulich, aber schlecht besucht — die Eröffnung der „Woche der Ausländischen Mitbürger“ des Diakonischen Werks gestern mit Gottesdienst und „Tag der Begegnung“ in der Eimsbüttler Kirche St. Stephanus. Die Predigt wurde ersetzt durch die Aufführung eines Werkes für Orgel und Gitarre mit dem Titel „Verletzte Erde“. Die „Begegnung“ danach lief vor allem über den Magen; zu beiden Veranstaltungen hatten „ausländische Mitbürger“ ihre Solidarität mit den Deutschen durch erlesene kulinarische Beiträge bekundet.
Irgendwie abgeschoben und für Großstadtverhältnisse bei weitem zu klein wirkten beide Ereignisse. Die Einführungsgottesdienste der interkulturellen Woche wurden sonst in der Hauptkirche St. Petri an der Mönckebergstraße gefeiert. Und sonst gab es auch ein Fest der Stadt auf dem Rathausmarkt, zu dem sich nicht nur Christen wirklich eingeladen fühlten. Das ist diesmal kurzfristig abgesagt worden. Sigrid Thomsen
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