: De Klerk zwischen den Fronten
Südafrikas Präsident und ANC-Chef Mandela schließen ein Abkommen — nun steigt Inkatha-Führer Buthelezi aus den Verhandlungen aus/ Verbot „traditioneller“ Waffen ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
Zulu-Häuptling Mangosuthu Buthelezi hat gestern den Rückzug seiner Inkatha-Partei aus Verhandlungen über Südafrikas Zukunft angekündigt. Damit protestierte er gegen das am Samstag unterzeichnete Abkommen zwischen Staatspräsident Frederik de Klerk und ANC-Präsident Nelson Mandela. Der ANC und die Regierung hatten das Abkommen als Ausgangspunkt für die Wiederaufnahme von Verhandlungen beschrieben, die seit Mitte Juni abgebrochen waren. „Die Inkatha lehnt das Recht der Regierung und des ANC ab, das Schicksal Südafrikas in ihre eigenen Hände zu nehmen“, sagte Buthelezi und warnte, er und seine Anhänger würden Gesetze, die aus Abkommen zwischen der Regierung und dem ANC resultieren, als „illegitim“ ablehnen.
Das könnte bedeuten, daß Inkatha-Anhänger sich nicht an das Verbot gefährlicher Waffen halten könnten — ein wichtiger Bestandteil des Übereinkommens zwischen de Klerk und Mandela am Samstag. Buthelezi meint, ein Zulu-Mann ohne seinen traditionellen Speer und Stock sei wie „eine Frau in Hosen“. Dem ANC zufolge wurden viele der mehr als 3.000 Todesopfer politischer Gewalt in den letzten zwölf Monaten mit sogenannten „traditionellen Waffen“ umgebracht.
De Klerk und Mandela beschrieben ihr Treffen am Samstag abend als „Grundlage für die Wiederaufnahme des Verhandlungsprozesses“. Die drei Vorbedingungen des ANC für das Treffen wurden weitgehend von der Regierung erfüllt: Neben dem Verbot gefährlicher Waffen sollen Wohnheime für Wanderarbeiter, die in den letzten zwei Jahren Brennpunkte von Gewaltausbrüchen waren, eingezäunt werden. Außerdem werden mehr als 400 Gefangene, die der ANC als politische Täter einstuft, bis zum 15. November freigelassen. Mehr als 150 wurden schon am Wochenende entlassen.
Das sogenannte „Dokument der Verständigung“, das am Ende des Treffens am Samstag unterzeichnet wurde, legt auch eine Reihe von Grundlagen für weitere Verhandlungen fest. Dazu zählen die Übereinstimmung, daß eine Übergangsregierung der Nationalen Einheit, an der alle wichtigen Parteien beteiligt sind, so bald wie möglich zustande kommen soll. Außerdem einigten sich Regierung und ANC, daß eine Verfassunggebende Versammlung eine demokratische Verfassung für Südafrika verabschieden soll.
De Klerk und Mandela betonten, die Einsetzung einer Übergangsregierung sei dringend notwendig. Nur dann könnte „endgültig Frieden in diesem blutdurchtränkten Land einkehren“, sagte Mandela. „Es gibt keinen Grund, warum wir nicht in einer vergleichsweise kurzen Zeit eine politische Übereinkunft erzielen sollten.“
Während der ANC seine Vorbedingungen fast vollkommen durchsetzen konnte, konnte die Regierung keine Amnestie für Verbrechen erzielen, die im Kampf für die Apartheid verübt wurden. Die Regierung betonte jedoch, sie werde im Oktober ein Gesetz verabschieden, das auch Polizisten, Soldaten und Politikern, die für Übergriffe verantwortlich waren, Straffreiheit garantieren würde. Der ANC verurteilte dies. Auch der Versuch der Regierung, den ANC zur Aufgabe seiner Kampagne der Massenproteste zu zwingen, scheiterte. Der ANC versprach jedoch, die Proteste intern erneut zu besprechen.
Das Gipfelgespräch zwischen de Klerk und Mandela kam erst nach wochenlangen Vorverhandlungen und massivem internationalem Druck zustande. Kommentatoren in Südafrika meinen, daß de Klerk mit dem Abkommen das Risiko eingeht, unter Weißen an Unterstützung zu verlieren. Die Freilassung von ANC-Anhängern, die politische Gewalttaten verübt haben, hat einige Verärgerung ausgelöst.
Besonders gespannt werden jetzt die Beziehungen zwischen der Regierung und Inkatha sein. In den letzten Tagen haben sich auch die Spannungen zwischen Inkatha und ANC verschärft. Am Sonntag warnte Buthelezi erneut, ein geplanter ANC-Protestmarsch in Ulundi, der Hauptstadt des Zulu- Reservats Kwa Zulu, könne einen Bürgerkrieg auslösen. Buthelezi sprach vor etwa zehntausend Anhängern in Kwa Mashu, einem als ANC-Hochburg geltenden Vorort der Hafenstadt Durban. Bei seiner Versammlung zum Gedenken an den Zulu-Führer Shaka, der als grausamer Kriegsherr vor mehr als hundertfünfzig Jahren den Einfluß der Zulus entscheidend ausbaute, warnte Buthelezi, die Zulus seien bereit, für ihre Traditionen zu sterben.
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