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Maulkorb für Polizist

■ Gauger-Andresen-Prozeß: Gericht will Herausgabe der Staatsschutzakten

: Itzehoer Gericht verlangt Herausgabe der Staatsschutzakten

Im Verfahren gegen die Hamburger Rot-Floristen Ralf Gauger und Knud Andresen hat das Itzehoer Landgericht von den Lügengeschichten des Hamburger Staatschutzes (LKA3) langsam die Faxen dicke: Gestern kündigte der Vorsitzende Richter Manfred Selbmann an, über die Innenbehörde die Herausgabe wichtiger Observationsakten der Geheimpolizei zu verlangen, um sich ein authentisches Bild über die Vorgänge machen zu können.

Die Herausgabe war bislang von der Polizei verweigert worden. Selbmann meinte zwar, daß das Gericht derzeit über keine rechtliche Handhabe verfüge, die Akten zu beschlagnahmen, dennoch hoffe er auf dem politischem Wege an die Unterlagen heranzukommen.

Gauger und Andresen müssen sich seit Februar vor Gericht wegen Mordversuchs verantworten. Die Anklage wirft ihnen vor, am 29. Juli 1991 Betonplatten auf die Bahngleise Hamburg-Kiel gelegt zu haben. Vier Hamburger Staatsschützer wollen das Duo dabei im Rahmen einer Observation gesehen haben.

Entgegen der ersten offiziellen Polizeiversion, nach der es sich um eine gezielte Observation der Aktivisten nach der Flora-Parkräumung gehandelt habe, kam nun heraus, daß die Gauger/Andresen-Verfolgung eine Verwechslung war. Die LKA-Fahnder hatten — wie die taz mittlerweile aus sicherer Polizeiquelle erfahren hat — vielmehr im Auftrage der Abteilung „Terrorismus“ (TE) des Bundeskriminalamts (BKA) eine ganz andere Personen beschatten sollen. Durch die Festnahme der beiden in Pinneberg — das LKA-Gespann wollte eine Observationspanne wettmachen — wäre beinahe die gesamte „TE“-Aktion des Bundekriminalamts aufgeflogen.

Daher waren die Fahnder nach der Festnahme von ihrem Dienststellenleiter Lütjens dazu verdonnert worden, falsche Angaben — nämlich die Flora-Version — in die Akten zu schreiben. Nach Auffasung der Verteidigung versuche das LKA 3 nun durch die Aktenverweigerung alle Panne zu vertuschen. Im Prozeß verweigern die maskiert und vermummt auftretenden Beamten trotz Ordnungsgeldern zu den Kernpunkten die Aussage oder machen offensichtlich falsche Angaben.

Selbst dem Leiter der Hamburger Polizeipressetelle und Ex- Staatsschützer, Wolfgang Lüdtke, ist mittlerweile von der Geheimpolizei ein Maulkorb verhängt worden. Lüdtke hatte sich zunächst zu einem taz-Interview bereit erklärt, in dem er zu den Staatsschutz-Aktenmanipulationen und der bewußten Irreführung von Öffentlichkeit und Justiz Rede und Antwort stehen wollte.

Kurzfristig sagte Lüdtke am vergangenen Donnerstag — offensichtlich peinlich berührt — den taz-Gesprächstermin ab, weil der Staatsschutz Einwände erhoben habe. Als offizielle Begründung wurde auf das laufende Verfahren verwiesen. Auf die Frage, warum die vier LKA- Fahnder durchs vom Staatsschutz bewußt zum Meineid gezwungen werden, meinte Lüdkte: „Das muß der Vorgesetzte verantworten.“ Kai von Appen

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