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Stimmengewirr zu kleiner Währungsunion

■ Okonomisch schwächere Länder lehnen Europa der zwei Geschwindigkeiten ab

Brüssel (dpa/ap/taz) — Die Vorstellung, daß sich die Europäische Gemeinschaft auf ihrem Weg zu einer Währungsunion spalten könnte, stößt vor allem bei den kleineren EG-Staaten auf wenig Gegenliebe. Obwohl die Bundesregierung auf dem gestrigen EG- Finanzministertreffen in Brüssel keinen Zweifel daran lassen wollte, daß sie am Europäischen Währungssystem (EWS) in seiner jetzigen Form festhalte, drehte sich alles um ein Europa der zwei Geschwindigkeiten.

Die zwölf Minister berieten in der belgischen Hauptstadt, ob und wie das in den vergangenen Wochen arg strapazierte Währungssystem geändert werden soll. Doch während die Briten darauf drängen, die Schwachstellen des Währungssystems zu beheben, sehen die Dänen keine Notwendigkeit für eine grundlegende Reform des EWS. Aber die Glaubwürdigkeit dieser Einrichtung, so der dänische Wirtschaftsminister Anders Fogh- Rasmussen, müsse wiederhergestellt werden.

In den letzten Tagen war in verschiedenen Ländern eine sogenannte kleine Währungsunion angeregt worden. Danach könnten die Hartwährungsländer Deutschland, Frankreich, die Benelux- Staaten und Dänemark mit einer gemeinsamen Währung den Anfang machen, die anderen EG- Staaten sollen erst einmal außen vor bleiben.

Dänemarks Finanzminister sagte dazu, die Dänen seien nicht für ein Europa der zwei Geschwindigkeiten. Auch Irland will sich nicht aus der geplanten Währungsunion auskoppeln lassen.

Luxemburgs Finanzminister Jean-Claude Juncker glaubt dagegen unter Hinweis auf das Ausscheren von Pfund und Lira aus dem EWS-Wechselkurssystem, daß bereits heute eine Staatengruppe den anderen Ländern vorausmarschiere. Belgiens Finanzminister Philippe Maystadt lehnte ein Auseinanderdriften der Staatengemeinschaft ebenfalls ab, während sich sein Notenbankchef Alfoins Verplaetse für eine kleine Währungsunion mit den Benelux- Staaten sowie Deutschland und Frankreich ausgesprochen hatte.

Frankreich schielt ebenfalls auf diesen Länderkern, während sich Spanien energisch gegen die zwei Geschwindigkeiten einsetzte. Wirtschaftsminister Carlos Solchaga sagte, eine Währungsunion zwischen fünf Ländern vor 1997 wäre „nicht hinnehmbar und würde den Maastricht-Vertrag verletzen“. Großbritanniens Premier John Major hatte bereits verkündet, sein Land bleibe im Herzen Europas und wolle eine führende Rolle spielen. Die italienische Regierung hat sich zu der Debatte über das Europa der zwei Geschwindigkeiten bisher offiziell nicht geäußert, kann aber angesichts der katastrophalen Finanzlage kaum offensiv auf der Zugehörigkeit zum harten Kern der EG bestehen. Bitter ist für die Italiener, daß sie als einziges Gründungsmitglied der EWG in den Plänen für ein Kerneuropa außen vor bleiben sollen. Auch in Griechenland herrscht ebenso wie in Portugal Sorge um ein Europa der zwei Geschwindigkeiten.

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