: Billiger Luxus ist zu teuer
■ Schwindel mit Mehrfachvermietungen / Polizei wartet ab, und angeblicher Wohnungsbesitzer ist längst über alle Berge
/ Polizei wartet ab, und angeblicher Wohnungsbesitzer ist längst über alle Berge
Wohnungsbetrüger werden in Hamburg immer dreister: Die Polizei sucht derzeit nach Wolf Hanekamp aus Hamburg-Poppenbüttel, der sein gekündigtes Luxus-Appartement im Waldweg 177 gegen 10.000 Mark Kaution mehrfach weitervermietet hat. Trotz frühzeitiger Hinweise ging der Mann der Polizei durch die Lappen. Sachbearbeiter Peter Kruse vom Kriminalkomissariat 35: „Hinterher ist man immer schlauer.“
Es schien ein Top-Angebot zu sein: „2 Zi-Lux-App, 80 qm ruhige Lage 1000 Mark inkl. NK, nur an Privat.“ Kauffrau-Auszubildende Maren K. und Zeitsoldat Tim L. sahen das Glück von der ersten gemeinsamen Wohnung nach zwei Jahren vergeblicher Suche in greifbare Nähe gerückt. Zumal sich unter der im „Abendblatt“ angebenen Nummer „899 17 73“ der Anrufbeantworter des Nagelstudio „Nail Affair“ in der vornehmen Waitzstraße in Hamburg-Othmarschen verbarg — alles schien absolut seriös.
Wenige Tager später meldete sich bei Maren K. auch eine Frau Laudan von „Nail Affair“. Man verabredete einen Besichtigungstermin. Die Interessenten waren von dem Appartement begeistert: Marmorbad, „Atlantis“-Eckbadewanne, vergoldete Wasserhähne.
Schnell wurden sich beide Parteien einig, unterzeichneten einen Mietvertrag, in einer Zusatzvereinbarung wurde eine Kaution von 10000 Mark festgelegt (und gezahlt), die zinsgünstig angelegt werden sollte.
Was beide nicht ahnen konnten: Frau Laudan von „Nail Affair“ war zwischenzeitlich weiter fleißig gewesen, hatte auch mit anderen InteressentInnen Kontakt aufgenommen, Besichtigungstermine für ihren viel beschäftigten Bekannten Hanekamp abgesprochen, unter anderem mit einem extra aus Frankfurt angereisten Lufthansa-Mitarbeiter.
Der Schwindel flog erst durch die „Telekom“ auf. Mitten in die Abschiedsfeier in Frankfurt platzte ein Anruf der hiesigen Telekom- Sachbearbeiterin, die sich darüber verwundert zeigte, daß mehrere Personen Übernahmeanträge auf Hanekamps Telefonanschluß gestellt hatten. Der Geprellte erbost: „Da fing es bei mir an zu klingeln.“ Zu spät.
Die Geschädigten stellten mittlerweile allesamt bei der Polizei Strafantrag wegen Betrugs. Doch über die Arbeitsweise der Polizei zeigen sich Betroffenen verwundert. Eine der Geschädigten: „Zuerst wollte sie unsere Anzeige nicht einmal schriftlich aufnehmen. Wir haben uns dann an eine Schreibmaschine gesetzt und die Anzeige selbst getippt.“
Außerdem: Die Kripo war schon früher von einem Hamburger Lufthansa-Mitarbeiter angerufen worden, dem der Deal merkwürdig vorkam. Kripobeamter Peter Kruse bestätigt: „Herr Hanekamp war mir bekannt, allerdings nicht aus Wohnungsbetrügereien. Ich gab den Rat, die Finger davon zu lassen.“ Der damalige Verdacht habe nach Aussage Kruses aber nicht ausgereicht, um umfassend tätig zu werden. Kruse: „Ich hatte keinen konkreten Hinweis auf Mehrfachvermietung. Es tat sich dann lange Zeit nichts.“
Erst Tage nach Eingang der ersten Anzeige wurde die Polizei aktiv. Zu spät. Kruse: „Herr Hanekamp hat sich offensichtlich abgesetzt.“ Angeblich nach England oder Holland. Wieviel Geld Hanekamp mit diesem Trick ergaunert hat, ist derzeit noch unklar. Der Verein Mieter helfen Mietern (MhM) rechnet mit einer Dunkelziffer an Geprellten. MhM-Anwältin Sylvia Sonnemann: „Wenn der von 20 Personen jeweils 10000 Mark kassiert hat, läßt es sich mit 200.000 Mark gut leben.“ Kai von Appen
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