Gericht: Es war Totschlag

■ Hausfrau auf Bewährung verurteilt / Tod biligend in Kauf genommen

/ Tod billigend in Kauf genommen

Obwohl der jungen Landrichterin Britta Schlage die Verhandlungsführung oblag, die Frauen in der „Schwurgerichtskammer 22“ sogar die Mehrheit hatten, fällten gestern diese RichterInnen ein Urteil, wie es ein reines Männergericht nicht besser hätte formulieren können. Die 51jährige Hausfrau Ingeborg S. wurde wegen Totschlags an ihrem Mann zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Verteidigerin Barbara Hüsing hatte auf „Notwehr“ und Freispruch plädiert.

Die 51jährige war über neun Jahre lang von ihrem Mann Horst geschlagen und gequält worden. Fast alle 14 Tage verpügelte der Tyrann seine Frau und sperrte sie ein. Anläßlich einer nachträglichen Feier zu ihrem 50. Geburtstag — beide hatten reichlich Alkohol getrunken — passierte es dann: Ehemann Horst begann zu pöbeln und auf Ingeborg S. einzuschlagen. Er schleuderte die Frau gegen die Waschmaschine, anschließend stieß er sie gegen ein Waschbecken. Ingeborg S. griff nach einem Küchenmesser und bohrte die Klinge dem Patriarchen in die Brust.

Für Richterin Britta Schlage ist durch diesen Sachverhalt bereits der Tatbestand des Totschlags erfüllt: „Wer mit solch einer Klinge in die Brust zusticht, nimmt den Tod billigend in Kauf.“ Weiter belastend wertete das Gericht den Umstand, daß Ingeborg S. — die in der Verhandlung angab, damals wie von Sinnen gewesen zu sein — dann keine Hilfe geholt habe. „Schnelle Hilfe hätte noch zur Rettung des Lebens führen können.“ Stattdessen habe sie ihrem bereits zusammengesackten Mann noch drei Mal in den Rücken gestochen, wodurch der voraussichtliche Tod durch den Herzstich beschleunigt worden sei. Schlage: „Auch wenn Angst weiter eine Rolle gespielt hat: In dieser Situation stellte ihr Mann keine Bedrohung mehr dar.“

Auch den Lebensweg der Angeklagten wertete das Gericht negativ. Richterin Schlage: „Sie haben sich widerstandslos den Eigenschaften ihres Partners unterworfen und sich widerstandslos diesem Mann ausgeliefert.“ Kai von Appen