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Suche nach Kompromiß

Das Drehbuch ist bekannt: Der Ruf nach Repression wird immer lauter — und die Hilfsvereine halten ebenso massiv dagegen. Keinem sind die blutigen Spritzen, die Kackhaufen und die herumkurvenden Freier mehr zuzumuten. „Die SPD nimmt Morde in Kauf, wenn der Drogenstrich zerschlagen wird“, sagt dagegen eine Mitarbeiterin vom Verein Kommunale Drogenpolitik. Zwischen den beiden Polen liegt Niemandsland, in dem zwar einiges geschieht, sich aber kaum etwas tut. Die einen werden angesichts des Elends vor der Haustür immer rabiater, und die anderen tauschen tapfer weiter Spritzen. SozialpolitikerInnen suchen verzweifelt nach Unterkünften für die Junkies. Unterdessen wird weiter hinter Gebüschen gevögelt, in Hausflure geschissen und in zugigen Ecken gestorben.

Beide Seiten haben recht: Wer will freiwillig in der Bauernstraße wohnen? Und wer will verantworten, daß die Junkies an Aids krepieren, weil die Polizei den Spritzentausch unmöglich gemacht hat? Beide Seiten haben recht, und keine der beiden kommt alleine weiter. Hilfe ohne klare Grenzen nimmt den Junkies den letzten Rest an Selbstverantwortung. Blinde Repression schafft nur weiteres Elend. Es wäre an der Zeit, die unfruchtbaren Polarisierungen aufzugeben. Jochen Grabler

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