■ Press-Schlag: Magic is back
Am Dienstag standen in Los Angeles plötzlich die Uhren still. Wie im Dornröschen- Schloß verharrten die Menschen bei ihren jeweiligen Tätigkeiten. Anstatt auf den erlösenden Kuß zu warten, starrten sie jedoch bloß gebannt den nächstbesten Fernsehschirm an: Dort erschien das freundliche Gesicht des Earvin „Magic“ Johnson, und kaum hatte er das Wort ergriffen, kam wieder Leben in die Bude. „Ich spiele wieder, yeaaah“, verkündete Magic breit grinsend und ließ damit den amerikanischen Basketballtraum Wirklichkeit werden. Frenetischer Jubel brach aus in L.A. Im letzten November hatte der gute Geist des US-Dreamteams, das bei den Olympischen Spielen in Barcelona unangefochten Gold gewann, die Öffentlichkeit mit seinem Bekenntnis geschockt, daß er HIV- infiziert sei und darum seine Karriere beende. Ohne ihn versanken die Los Angeles Lakers blitzschnell im Mittelmaß und schafften nur ganz knapp den Sprung in die Play-offs, wo sie in der ersten Runde ausschieden. Als Magic beim traditionellen All-Star-Match im Februar zum besten Spieler gewählt wurde, gab es erste Spekulationen über ein Comeback, zumal sein Körper ausgesprochen positiv auf die AZT-Behandlung reagierte. Nach seinem glanzvollen Olympia-Auftritt wollte sich Magic, dessen Frau Cookie im Juni einen Sohn zur Welt brachte, zunächst noch nicht entscheiden, wurde sich dann aber offenbar schnell über seine Prioritäten klar: „Ich bin froh, wieder in der Familie zu sein, die ich für ein Jahr verloren hatte. Es ist Zeit, wieder zur Arbeit zu gehen.
Von den 82 regulären Saisonspielen will Magic Johnson 50 bis 60, dazu alle eventuellen Play-off-Spiele für die Lakers bestreiten, auf keinen Fall aber die sogenannten back-to-back- Matches an zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Seine Ärzte, die ihm vor einem Jahr zum Rückzug geraten hatten, sind nicht unbedingt überzeugt vom „Magic-Johnson-Experiment“, wie sie es nennen. „Wir betreten medizinisches Neuland“, sagt Dr. Michael Mellman. „Ich sage nicht, es wird kein Risiko sein“, ist sich auch Johnson, der mit 9.921 assists den NBA-Rekord in dieser Sparte hält, im klaren, „aber Leben ist ein Risiko, und für diesen Spaß nehme ich es auf mich.“
Weniger Spaß hatte der wohl populärste Sportler der USA in der Aids-Kommission der US- Regierung. Frustriert erklärte er letzte Woche seinen Austritt, weil er jegliche Unterstützung von staatlicher Seite vermißte. „Es spielt keine Rolle, wie gut eine Mannschaft ist. Sie wird die Meisterschaft nicht gewinnen, wenn sich der Besitzer des Clubs nicht voll für sie einsetzt“, kritisierte er scharf den Präsidenten George Bush, der ihn persönlich gebeten hatte, in der Komission mitzuarbeiten. Seine Enttäuschung sei ständig gewachsen, da die Bush-Regierung ihren Vorschlägen nicht nur jegliche Unterstützung versagt, sondern ihnen sogar entgegengehandelt habe. Dabei sei es um Maßnahmen gegangen, „die dringende Priorität haben, wie sich alle in der Medizin oder der Aids-Bekämpfung tätigen Personen einig sind.“ Angesichts der „armseligen Haltung“ des Präsidenten ist Magic Johnson die Lust an regierungseigener Aids-Bekämpfung gründlich vergangen. Da spielt er doch lieber Basketball. Matti
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen