: Drogenpolitik: Nägel mit Köpfen?
■ Verhandlungen über die Einrichtung von "Gesundheitsräumen" für Fixer / Interner Behördenbericht: Diese Räume sind notwendig / Räume in St. Georg, St. Pauli und Harburg geplant / Entkriminalisierung der...
für Fixer / Interner Behördenbericht: Diese Räume sind notwendig / Räume in St. Georg, St. Pauli, Wandsbek und Harburg geplant / Entkriminalisierung der Junkies nötig
Kommt die langersehnte Wende in der Hamburger Drogenpolitik? Am Montag beginnen in der Behörde für Gesundheit und Soziales (BAGS) beim Drogenbeauftragten Horst Bossong die Verhandlungen über ein völlig neues Konzept zur Betreuung der Junkies. Nach Vorstellungen des Vereins „Fixpunkt“, der von Drogeninitiativen (Drob Inn“, „Palette“) gegründet worden ist, sollen in vier Stadtteilen Gesundheitsräume für Abhängige eingerichtet werden. Fixpunkt-Sprecher Rainer Schmidt: „Es geht faktisch um die Legalisierung einer ganzen Szene.“
Anfang dieses Jahres sorgte Generalstaatsanwalt Arno Weinert mit einem revolutionären Vorschlag für Schlagzeilen: Der oberste Ankläger machte sich dafür stark — trotz anderslautender Gesetzleslage — künftig auf die Strafverfolgung von Junkies zu verzichten. Abhängigen sollte die Möglichkeit gegeben werden, in sogenannten „Fixerräumen“ — unspektakulär „Gesundheitsräume“ genannt — unter medizinischer Betreuung ihren Stoff drücken zu dürfen, ohne daß Polizei und Staatsanwaltschaft eingreifen.
Seither ist es um diesen Vorschlag ruhig geworden, eine Bundesratsinitiative Hamburgs scheiterte. Doch die interne „Senatskommission Drogen“ (Innen-, Gesundheits-, Justizbehörde sowie Bezirke) zeigte sich dem Vorschlag gegenüber weiter aufgeschlossen, stellte sogar eine Million Mark an Mittel zurück. Diese Kommission kam nun auch in ihrem jüngsten Abschlußbericht zum Ergebnis: „Hamburg braucht Gesundheitsräume.“
In der kommenden Woche sollen nun Nägel mit Köpfen gemacht werden: Nach den Vorstellungen von „Fixpunkt“ sollen in Wandsbek, Harburg, St. Pauli und St. Georg mindestens vier Containereinheiten aufgestellt werden. Die Kosten für die Anschaffung der „Gesundheitsräume“ werden auf 800000 Mark beziffert, die Personalkosten für die Unterhaltung der
1medizinischen Stationen auf jährlich 3.2 Millionen Mark. Darunter soll nichts laufen. Rainer Schmidt: „Wir stehen für eine Billigstlösung nicht zur Verfügung, wir brauchen Qualität und hohen Standard.“
1Über die Brisanz des Konzepts ist sich „Fixpunkt“ im klaren. Denn dies Konzept kann nur erfolgreich sein, wenn die Kriminalisierung der Junkies gänzlich aufgehoben wird. „Wir werden natürlich nichts unternehmen, wenn in diesen Räumen gedrückt wird. Abgesehen davon wird in der ganzen Stadt öffentlich gedrückt.“ Wichtig sei überdies, daß für die Junkies Möglichkeiten geschaffen werden, vor Ort an ihren Stoff zu kommnen. Schmidt: „Es macht wenig Sinn, daß jemand seinen Stoff in St. Georg kauft und dann nach Wandsbek damit fährt, um sich dort betreuen zu lassen.“ Die sauberste Lösung ist nach Meinung von Experten der Vorscherau-Vorschlag: staatlich kontrolliert Drogen an Junkies abzugeben. Also pro Einrichtung eine Art „Hausdealer“ oder „staatlichen Dealer“ zu haben, bei dem sauberer Stoff zu beziehen ist.
Sollte das Konzept in Hamburg Realität werden, rechnet „Fixpunkt“ mit einer Entschärfung der Situation im Drogenviertel St. Georg und einer Eindämmung der offenen Drogenszene. Schmidt: „Das bedeutet auf jeden Fall, daß sich nicht mehr alle Junkies in den Hausfluren herumtreiben und dort drücken müssen.“ Kai von Appen
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