: Denaturiert und entfremdet
■ betr.: "Der Bioladen - ein Dilemma" von Caroline Fetscher (Ökolumne), taz vom 28.9.92
betr.: „Der Bioladen — ein Dilemma“ von Caroline Fetscher (Ökolumne), taz vom 28.9.92
Hurra, die erste Ökolumne der taz! Und gleich ein brillant-denunzianter Schuß ins Schwarz auf Weiße! Das bisher vernachlässigte potentielle Lesersegment der ökologisch Bewegten, mit dem die taz wohl nun die „5.000 Rettungsabos“ vollmachen möchte, brannte schon lange darauf, mehr über Carolines Dilemma im Bioladen zu erfahren. Also, daß sie Birkenstocksandalen nicht mag, daß ihr die Reformbewegung der zwanziger Jahre Gänsehaut macht und so weiter. Das ist relevant! Geschickt, wie sie dem ungeliebten Bioladen ein bißchen ein braunes Rüchlein anhängt! Das hilft uns jetzt besonders weiter, das ist dringend nötig. Ach, es muß doch gut tun, wie Cronos in der Nordsee sein Gift zu verklappen oder den eigenen unverdauten Seelenmüll in einer Ökolumne deponieren zu können! Glückwünsch!
Diese Nebensächlichkeiten und Abfälligkeiten, diese Dünnsäure, das paßt doch exzellent zu dem, was wir schon bisher in der taz vermissen oder ignorant dargestellt lesen durften: zum Beispiel kein Verständnis für die höheren Preise, die ein solider Anbau und Vertrieb unserer Nahrung eben erfordert, geschweige denn Solidarität. Lieber Schuldzuweisungen an andere (die Eltern usw.) als kapieren, daß auch ich und Sie und Du zu den 20 Prozent der Weltbevölkerung gehören, die 80 Prozent der Ressourcen verjubeln. Vom Ernst der Lage, die daraus entstanden ist, und von den zu ziehenden Konsequenzen — da schweigt der Sängerin Höflichkeit [und das was Du in Klammern dazugeschrieben hast, lass' ich aus lauter Höflichkeit lieber raus, O.K.? d.sin]. Von der Notwendigkeit eines anderen Verhältnisses zu Mutter Erde — total unbeleckt. Zu denaturiert und zu entfremdet, um auch nur ein Gramm Erde bezahlen zu wollen, wenn es noch am „Weißkohl“ klebt... So ein Kohl!
Nur weiter so, Ihr Yuppies! Zerbrecht Euch nicht den Kopf darüber, was wir ändern könnten, müßten, sollten! Was heißt denn „Wo bitteschön soll es langgehen?“ Wo es doch so toll ist in der Metropole. Aaaah! Wer wird denn da gleich schwarz sehen? Es gibt ja noch so viel weißes Papier, bevor die Bäume alle sind... Theo Krönert, Kaisersbach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen