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Rassistische Flugblätter aufgetaucht

■ Hohenschönhausen: Pamphlete gegen Asylstelle gefunden

Hohenschönhausen. In Hohenschönhausen sind in der vergangenen Woche erstmals rassistische Hetzflugblätter im Zusammenhang mit der geplanten Verlegung der Asylstelle in die dortige Ferdinand-Schultze-Straße aufgetaucht. Die rechtsextremistischen Pamphlete wurden im Bereich Konrad- Wolf-/ Große-Leege-Straße in Briefkästen, hinter Scheibenwischern und an Liftfaßsäulen gefunden. Die genaue Anzahl ist nicht bekannt, die designierte Bezirksbürgermeisterin Brunhild Dathe (parteilos) schätzte sie auf rund 100. »Wir empfinden diese Flugblätter als ausgesprochen besorgniserregend«, sagte Dathe. »Damit scheint sich ein wenig das zu bewahrheiten, was wir und der Verfassungsschutz befürchtet haben: Daß das rechte Spektrum versucht, die Bevölkerung aufzuhetzen.«

Dem Leiter des Berliner Verfassungsschutzes, Heinz Annußek, sind die Pamphlete seit Ende vergangener Woche bekannt. »Wir sehen uns dadurch in unserer vorsichtigen Prognose bestätigt, daß es Kräfte gibt, die die Sicherheitslage in Hohenschönhausen in Frage stellen«, so Annußek zur taz. Polizei und Senatsinnenverwaltung seien von den Flugblättern bereits vor einigen Tagen informiert worden und bezögen diese in ihre Sicherheitsüberlegungen mit ein. Anlaß zur Befürchtung sah Annußek indes nicht, weil »zu erwarten war, daß die Szene auf die Verlagerung der Asylstelle reagieren würde.«

Unter der Überschrift »Bürgerinitiative Hohenschönhausen informiert« heißt es in den Pamphleten: »Die Asylantragstelle Berlin wird am 1. Okt. '92 vom Tiergarten nach Hohenschönhausen verlegt. In der Ferdinand-Schultze-Straße haben Sie dann Gelegenheit, Ihre neuen Mitbürger zu begrüßen. Einer dieser Asylbetrüger kostet laut Angaben des Bundesministers des Inneren 1.500 DM monatlich. Wobei der Herr Minister nur die Gelder für Unterkunft und Verpflegung zusammenrechnete...«. Wer die Forderung »gemeinsam gegen Asylmißbrauch« sowie die Bürgerinitative »mit Rat und Tat« unterstützen wolle, wird aufgefordert, an das Tegeler Postfach eines gewissen A. Pohl zu schreiben.

Dabei handelt es sich um den stellvertretenden Vorsitzenden der Nationalistischen Front (NF), Andreas Pohl, dessen neonazistische Aktivitäten dem Verfassungsschutz laut Annußek »schon länger bekannt« sind. Auch das Postfach sei als Kontaktadresse von Rechtsextremisten bekannt. Den Inhalt des Flugblatts bezeichnete der Verfassungsschutz-Chef als »geschickt verschleierte Tendenz«, indirekt zum Angriff auf Asylbewerber aufzufordern.

Von der Innenverwaltung war gestern keine Stellungnahme zu erhalten. Auch der definitive Termin der Verlegung der Asylstelle wird weiterhin geheimgehalten. plu

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