: Als Zigeuner verfolgt
■ Sinti und Roma werden immer noch über einen Kamm geschoren
Petra Serin ist Roma, in Deutschland geboren und aufgewachsen. Ihre Vorfahren siedelten im vorigen Jahrhundert aus Rumänien über. Die gelernte Kindergärtnerin spricht Englisch, Rumänisch, Türkisch, Arabisch und natürlich Romanes, die Sprache der Roma. Sie arbeitet für das Deutsche Rote Kreuz in Hannover in Asylbewerberheimen und betreut vor allem Roma. „Die fühlen sich hier wie gehetzte Tiere, die seit Jahrhunderten immer nur weitergetrieben werden“, beschreibt sie.
„Aus dem Asylproblem wird ein Zigeunerproblem gemacht“, sagt Joachim Weiß vom niedersächsischen Verband Deutscher Sinti. Alte Vorurteile lebten wieder auf. „Vor allem Politiker liefern dem rechten Mob Zündstoff“, sagt er. Viele Deutschen sähen Roma nur als „ziehende Gauner, also raffgierige Bettler und Diebe“, beklagen Sinti- und Romaverbände. Die Schlagzeilen der Zeitungen und die Gewalt in Rostock sprächen eine grausame Sprache.
„Sinti und Roma“ würden von Politikern und Medien immer wieder in einem Atemzug genannt. Unter den Asylbewerbern sei heute kein einziger Sinto, bestätigt auch die niedersächsische Ausländerbeauftragte Gabriele Erpenbeck. Sinti sind deutsche Staatsbürger im Gegensatz zu den meist staatenlosen Roma. Die Vorfahren der Sinti haben sich vor rund 600 Jahren in Deutschland angesiedelt. Viele überlebten die Verfolgung durch die Deutschen während des Dritten Reiches nicht. Nur fünf Jahrzehnte später fühlen sich die rund 100 000 deutschen Sinti wieder verunglimpft und bedroht.
Die meisten Roma, die mit einem Asylantrag in Deutschland Zuflucht suchen, kommen aus Rumänien. Sie fliehen vor Verfolgung und Zigeunerhaß, aber auch vor der Armut, erklären Verbände und Ausländerbeauftragte. Und sie kommen meist ohne Geld in Deutschland an, berichtet Petra Serin. „Es dürfen nicht alle Roma über einen Kamm geschert werden“, sagt Serin. Nur ein kleiner Teil der Roma sitze in den Fußgängerzonen.
Die Arbeit von Petra Serin trägt inzwischen Früchte, berichtet Ausländerbeauftragte Erpenbeck. Bettelei und Diebstähle von Roma seien spürbar zurückgegangen. Auch die Deutschen müßten lernen, toleranter mit den Roma und der Bettelei umzugehen, fordert Erpenbeck. Die Angriffe auf Ausländer seien „asozialer als Betteln und Stehlen.“ Stephan Janssen (dpa)
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