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Befugnisse des Stasi-Beauftragten sind strittig

■ Gesetzentwurf über Stasi-Landesbeauftragten vorgelegt/ FDP will Amt wieder abschaffen/ CDU protestiert gegen Senatsentscheidung zur Beamtenüberprüfung

Berlin. Nach monatelangem internen Tauziehen haben nun SPD und CDU einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Tätigkeit eines Landesbeauftragten für die Unterlagen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit geregelt wird. Der Entwurf soll am kommenden Donnerstag im Abgeordnetenhaus beraten werden. Inzwischen aber hat die FDP Zweifel an dem Sinn eines solchen Amtes geäußert. In einem offenen Brief an die übrigen Parteien forderte die Fraktionsvorsitzende Carola von Braun gestern, »von diesem Vorhaben Abstand zu nehmen«. Es gäbe mittlerweile genügend wirksam arbeitende Stellen zur Bewältigung der Stasi-Vergangenheit in der Stadt. Diesem Ansinnen der FDP haben jedoch Vertreter der übrigen Parteien widersprochen.

Wolfgang Wieland, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ Grüne, bezweifelt aber, daß diese Aufgabe, wie es bislang der Fall ist, »im Hause Heckelmann in guten Händen ist«. Er geht davon aus, daß Martin Gutzeit noch in diesem Herbst zum Landesbeauftragten gewählt wird. Auf den Ostberliner SPD- Politiker hatten sich SPD und CDU bereits vor Wochen verständigt, seine Kandidatur wird auch von Bündnis 90/ Grüne unterstützt. So einig sich die drei Fraktionen über die Person des Stasi- Beauftragten sind, so strittig sind die Befugnisse, die sie ihm jeweils zugestehen wollen. Die Koalitionsparteien wollen seine Amtszeit auf fünf Jahre begrenzen — darin sieht Wieland eine Schwächung des Amtes. Während dieser Zeit soll der Beauftragte im Beirat der Gauck-Behörde tätig sein sowie öffentliche Stellen in Berlin beraten. Zudem soll er Stasi-Opfern in Fragen der Rehabilitation und Wiedergutmachung helfen.

Während der Gesetzentwurf der Regierungsparteien seine Aufgaben auf die Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen begrenzt, wollen die Bündnis 90/ Grüne auch »andere Repressionseinrichtungen der ehemaligen DDR« einbeziehen. Dem Stasi-Beauftragten muß nach Wielands Ansicht Gelegenheit gegeben werden, das Wirken der ehemaligen SED zu begutachten und Erkenntnisse des KGB zu sichten.

Auch der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Dieter Hapel, sieht mittlerweile in der Verengung auf die Stasi einen Fehler. Die Einbeziehung der SED sei »eigentlich selbstverständlich«. Er kann sich vorstellen, daß an diesem Punkt noch nachgebessert wird.

Auch wenn der Stasi-Beauftragte noch im Herbst gewählt wird, auf das Verfahren zur Überprüfung der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes wird er dann keinen Einfluß mehr haben. Dieses wurde bereits am Dienstag im Senat weitgehend festgelegt. Danach sollen Bedienstete aus dem Ostteil der Stadt nur bei der Gauck-Behörde überprüft werden, wenn sie im höheren Dienst tätig sind beziehungsweise in sicherheits- oder personalrelevanten Bereichen arbeiten. Westmitarbeiter müssen zur »Gauckung«, wenn sie in sicherheitsempfindlichen Bereichen arbeiten. Wer personenleitend tätig ist, kann sich freiwillig überprüfen lassen.

Gegen diesen Kriterienkatalog, den der Senat am kommenden Dienstag verabschieden will, hat die CDU-Fraktion nun heftigen Protest angemeldet. Wie Hapel gestern gegenüber der taz erklärte, müsse der öffentliche Dienst im Osten »komplett« überprüft werden, im Westen sei dies hingegen nur überflüssige Kosmetik. Seine Partei will einen entsprechenden Antrag ins Abgeordnetenhaus einbringen. Hapel geht davon aus, daß der Senat vorher keine Entscheidung fällt. Dieter Rulff

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