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Vom Dealer zum Menschen

Der Volkszorn kocht: Kurden sind Dealer, Dealer sind Schweine, alle Kurden raus! Kurdische und andere Aufklärer dürften schon Muskelkater in den Kiefergelenken haben, so oft haben sie ihr Sprüchlein bereits aufgesagt: Von 8000 in Bremen lebenden Kurden sind höchstens 200 wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz — wie es in der Behördensprache so schön heißt — straffällig geworden. Es hilft nichts. Verschwörungstheorien brechen sich Bahn: Gab es da nicht Opiumfelder, im wilden Kurdistan? Wem ist so ein bärtiger Kurden schon geheuer!

Die Verschärfung der Ausländerpolitik und die Diffamierung von Ausländern als Kriminelle gehen Hand in Hand. Und warum soll man sich ausgerechnet um Knackis kümmern?

Dabei scheint es so einfach, kurdische Jugendliche zu resozialisieren. Viel mehr als deutsche Jugendliche sind sie soziale Regeln und moralische Werte gewohnt und haben wenig Probleme, sich in eine feste Gemeinschaft einzugliedern. Vorausgesetzt, es ist jemand da, der ihnen Halt gibt. Doch daran, daß die Jugendlichen Halt brauchen, um den Kulturschock zu verarbeiten, denkt man erst, wenn es zu spät ist. Bis dahin gibt man ihnen wenig Chancen, ein Mensch zu sein.

Diemut Roether

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