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Protest gegen Käfighaltung

■ "Flipper"-Trainer: "Wenn Delphine dazu da wären, bei Hagenbeck im Kreis zu schwimmen, wären sie wie ein Frisbee geformt"

dazu da wären, bei Hagenbeck im Kreis zu schwimmen, wären sie wie ein Frisbee geformt.«

Wer will da noch sagen, der Mensch sei nicht lernfähig. Der 52jährige Ric O'Barry ist nämlich das klassische Gegenbeispiel. In den sechziger Jahren half der Amerikaner Delphine für Vergnügungsparks zu fangen und war jahrelang Trainer für die Fernseh-„Flipper“- Delphine. Doch als einer dieser weltberühmten „Flipper“ in seinen Armen Selbstmord beging, wechselte O'Barry die Fronten und organisiert seither für die „Animal Adoption Foundation“ Protestaktionen gegen die kommerzielle Ausbeutung von Delphinen. Gestern nahm er den Tierpark Carl Hagenbeck aufs Korn, um gegen Delphinarien zu protestieren.

Für O'Barry ist die Unterbringung von Delphinen in kleinen Betonbecken eine „Grausamkeit“. Diese Erfahrung machte er bereits bei den Dreharbeiten zur beliebten „Flipper“-Serie. Fünf Tiere starben damals, bevor alle Folgen im Kasten waren, weil sie ein Leben in Tiergefängnissen nicht ertragen haben.

Trotz der offensichtlichen Tierquälerei planen die US-Firma Samuel Goldwyn Company und die Deutsche Kirch-Gruppe derzeit eine Neuauflage mit 26 Folgen. Dafür suchen die Firmen weltweit nach „geeigneten“ Tieren. Firmen- Sprecher Michael Byrd mit einigem Zynismus zur Neuauflage: „Die Handlung bekommt mehr Action. Außerdem werden wir ökologische Themen anschneiden.“

Für Ric O'Barry ist selbst die Unterbringung der Meerwasser- Säugetiere in Süßwasser-Delphinarien — wie in Carl Hagenbecks Tierpark — grausame Tierquälerei: Die meisten Delphine würden nach wenigen Jahren sterben. Denn die rührigen Tiere orientierten sich in der Natur akustisch über ein „Sonarsystem“; in den Betonbecken jedoch schallen die abgesendeten Sonarwellen wieder zurück.

Folge: In Gefangenschaft läßt die Kommunikation nach, schrumpft das Gehirn, das Tier wird krank und stirbt. Anschauliches Beispiel: Die Delphinkörper seien wie eine Rakete geformt, damit sie täglich bis zu 70 Kilometer zurücklegen können. O'Barry: „Wenn sie dafür da wären, bei Hagenbeck im Kreis zu schwimmen, wären sie wie ein Frisbee geformt.“

Die Aktion bei Hagenbeck hatte einen aktuellen Anlaß: „Stern TV“ zeigte am Abend Bilder über den Tod des zweijährigen Delphins Sindbad während einer Show bei Hagenbeck am 28.Mai 1992. Die Amateurfilmaufnahmen zeigen dramatische Szenen im Delphinarium von Hagenbeck: Vor den Augen der Zuschauer schwimmen die sechs Hagenbeck-Delphine, unter ihnen Sindbad, zur letzten Aufführung des Tages in das vier Meter tiefe Becken. Dabei treibt Sindbad schon auf dem Rücken. Verzweifelt versuchen seine Artgenossen, ihn über Wasser zu halten.

Einen Taucher, der kurze Zeit später ins Wasser springt, um das sterbende Tier an den Beckenrand zu ziehen, wehren die Delphine immer wieder mit Schlägen der Schwanzflossen ab. Erst nach mehreren Minuten kann der leblose Körper Sindbads an der Schwanzflosse aus dem Wasser gezogen werden. Eine sofort eingeleitete Herzmassage bleibt erfolglos. Sindbad ist tot — Herzversagen. O'Barry: „Alle Delphinarien müssen sofort geschlossen werden.“ Kai von Appen

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