Stolpe contra Roßberg

■ Bündnis 90: Fraktionskrise

Potsdam/Hamburg (afp) — Der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe hat gestern vor der Fraktion des brandenburgischen Landtages die eidesstattliche Erklärung von Stasi-Offizier Klaus Rossberg dementiert: „Ich schließe definitiv aus, daß mir Herr Roßberg die Medaille der DDR ,persönlich ans Revers geheftet‘ hat.“ Der Fernsehsender Sat.1, dem die eidesstattliche Erklärung vorliegt, solle offenlegen, ob und wieviel Geld Roßberg gezahlt oder zugesagt worden sei.

Auch SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler hat keine Zweifel: Wenn das Wort eines Stasi-Offiziers gegen das eines Ministerpräsidenten stehe, glaube er eher Stolpe. Ein Rücktritt sei auf der Fraktionssitzung kein Thema gewesen. Spekulationen um einen Verzicht auf eine weitere Amtsperiode nährte Stolpe nach der Fraktionssitzung mit der Äußerung: „Ein Rücktritt wird zu dem Zeitpunkt kommen, wo wir die nächste Wahl gewonnen haben.“

Die Brandenburger Bildungsministerin Marianne Birthler vom Bündnis 90 räumte unterdessen ein, daß die Potsdamer Koalition mit SPD und FDP nach der monatelangen Diskussion um Stolpe in einer „bedeutenden Krise“ sei. Das Regierungsbündnis sei jedoch durch Sachfragen nicht belastet. Stolpe hatte zuvor seine Regierungspartner FDP und Bündnis 90 zur Koalitionsdisziplin aufgerufen. Beide hatten angesichts der anhaltenden Stasi-Debatte angedeutet, die Koalition könne auch ohne Stolpe weitergeführt werden.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Potsdamer Landtag, Dieter Helm, erklärte, offenbar sei die Überreichung der Verdienstmedaille „schwerwiegender als bisher angenommen“. Die Aussage von Roßberg habe „großes Gewicht“. Die CDU legte dem Ministerpräsidenten nahe, sein Amt bis zur endgültigen Klärung der Vorwürfe ruhen zu lassen. Die FDP-Abgeordnete Rosemarie Fuchs erklärte, Roßbergs Aussage sei derzeit noch kein Beweis. Sollte sich aber herausstellen, daß Stolpe ein „massiver Lügner“ sei, müsse sich die FDP distanzieren.