: Tierischer Wissensdurst
Was Hamburgs Abgeordnete alles wissen wollen / Rätselhaft: ■ Ist Pipistrellus Pipistrellus CDU-Mitglied?
Sie wollen einfach alles wissen, die Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft: Sind die Bodenbrüter in der Großstadt gefährdet? Will der Senat Zählanlagen zur Erforschung des Fledermausbestandes anschaffen? Oder wie war das mit der Amtshilfe der Staatsoper bei der „Maskerade von Staatsschützern“?? Die 121 Volksvertreter nehmen ihre Kontrollaufgabe ernst, sie wissen, was demokratische Wachsamkeit in der wehrhaften Demokratie bedeutet. So schwoll die Flut der Kleinen Anfragen an den Senat in den vergangenen Jahren kontinuierlich an: 1974 waren es noch 700, heute liegt die Zahl bei fast 5 000 in vier Jahren.
Vor allem die Opposition nutzt die Möglichkeit, der Verwaltung und der Regierung auf die Finger zu sehen. Ihr Beitrag: 80 Prozent aller Anfragen. Als hartnäckige Dauerfrager erweisen sich dabei seit Jahren die Grünen. So löcherte eine Öko-Politikerin in der vorigen Wahlperiode die Justizbehörde mit rund 500 Anfragen: Rekord! Mit etwa 30 detaillierten Anfragen zum Radverkehr hält der Verkehrsexperte der Grünen, Martin Schmidt, seit einem Jahr die Verkehrsbehörde auf Trab. Dabei hat der unbeirrbare Drahteselfan sogar Erfolg gehabt: Verkehrssenator Eugen Wagner (SPD), selbst neuerdings Zweiradanhänger, will sich mit dem Grünen-Politiker zu einem Fachgespräch treffen. Inzwischen setzte Schmidt zu einer neuen Serie an. Thema: „Zu Fuß in Hamburg“.
Eine Inflation von Anfragen gibt es auch in anderen Landesparlamenten. „Liegt es nur an der Profilierungssucht der Abgeordneten, oder ist es der Versuch, einer immer undurchsichtigeren Verwaltung auf die Spur zukommen?“ Der Hamburger Politikwissenschaftler Peter Raschke läßt diese Frage einstweilen unentschieden.
Ob der Senat, wollte der CDU- Abgeordnete Berndt Röder vor einiger Zeit wissen, eine Zählanlage finanzieren werde, um die Flugaktivität des „Pipistrellus Pipistrellus“ oder anderer Fledermäuse festzustellen. Der Senat wollte nicht — die Bestände seien nicht groß ge
nug. Auch die SPD-Hinterbänklerin Helga Weise fiel bereits durch „tierische“ Anfragen auf. Sie erkundigte sich nach der Gefährdung des Vogelbestandes — besonders der Bodenbrüter — durch wildernde Katzen in der Elb-Metropole.
Der Liberale Wolfgang Bodeit ergriff die Chance, seine Liebe zu Hunden und seine Fachkenntnisse
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als Rechtsexperte der Fraktion miteinander zu verbinden: Ob das „Hundepark-Verbot“ in einer Hamburger Grünanlage noch mit dem Gebot der verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren sei, wollte er erfahren.
Aber das kann eigentlich nur in Karlsruhe entschieden werden. Gudrun Dometeit/taz
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