: Stop! So nicht weiter!
Stolz können wir sein, wir Bremer, nun haben auch wir einen Baustein beigetragen zur großen Wand, die Stein um Stein Politiker von Bevölkerung trennt. — Zerschlagung des Drogenstrichs, Einstellen der Hilfsangebote, verkehrsbeschränkende Maßnahmen: Mal ganz abgesehen von dem unglaublichen Zynismus und der geradezu barbarischen Menschenverachtung, die Schwächsten der Schwachen per Senatsbeschluß polizeilichen Verfolgungsdruck auszusetzen — wer glaubt denn wirklich an eine Verbesserung der Situation für irgend jemanden?
Aber war es nicht genau das, was man von politisch Verantwortlichen erwarten kann? Bei divergierenden Interessenlagen, bei Problemstellungen, bei Weichenstellungen für die Zukunft Entscheidungen zu treffen, am Gemeinwohl orientiert, fachlich, ausgewogen und unerschrocken? PolitikerInnenversagen allüberall? Wohnungsnot, zerstörte Umwelt, Verkehrsinfarkt, Asylbewerberschwemme, Fremdenfeindlichkeit, Drogenproblematik — in Wahrheit vielleicht alles unlösbare Probleme? Und dann dieser Druck aus der Bevölkerung! Keinem kann man's recht machen nicht. Da ist es doch besser, niemand ist an nichts schuld.
Früher, da handelte Politik nach Konzepten, Parteiprogramme hatten Kraft; später schrieben Lobbygruppen die Vorlagen — selbst 500.000 Menschen in Bonn verhinderten nicht den Nato-Doppelbeschluß am folgenden Tag im Bundestag. Heute verändern ein paar randalierende Jugendliche das Grundgesetz, drei Tage Schulstreik bringen ad hoc einen Zaun; Randgruppen werden über den Rand gedrängt, weil in in Oberneuland und sonstwo der Kirchturm bebt.
Konzepte ade, Fröhlichkeit perdu; Populismus ersetzt politisches Programm! Mutige Persönlichkeiten im politischen Raum — Fehlanzeige. Der geklonte christsoziale Liberale mit grünem Anstrich beherrscht das Bild! Was Wunder daß der Ruf nach dem starken Mann mit den einfachen Antworten an Lautstärke zunimmt.
Das ist der rechte Weg: Alles, was die Leute nervt, zu unlösbaren Problemen erklären. Entsprechend wird möglichst wenig getan zur Lösung oder alles mit viel Tamtam, denn in der geistig-moralischen Auseinadersetzung, da habt Ihr sie doch im Griff, die Rechten. Oder?
Ich sage Halt! Politik verspielt unsere Demokratie, der Marsch der Gesellschaft nach rechts ist unverkennbar, Entsolidarisierung und Minderheitenunterdrückung unübersehbar. Stop! So nicht weiter im Namen unseres Gemeinwesens und der Zukunft unserer Gesellschaft!
Ich fordere Politik auf, zurückzukehren zu den Inhalten, sich der Verantwortlichkeit für das ganze wieder zu stellen; Dogmatismus, persönliche und Parteientaktik in–s zweite Glied zu rücken; Mut zur Entscheidung zu beweisen! Ich fordere Politik auf, sich der Aufgabe „Droge“ zu stellen, konzeptionelle Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten und diese umzusetzen!
Nur Mut, Ihr Demokraten, noch ist die Chance nicht gänzlich vertan.
Hucky Heck, Ortsamtleiter Mitte/Östliche Vorstadt
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