Sanssouci: Nachschlag
■ Sir Peter Ustinov im Schiller Theater
Das Haus ist ausverkauft, das Podium leer. Ein neumodischer Barhocker hält Ehrenwache auf der Bühne des Schiller Theaters, und er scheint sich wirklich zum Salut zu straffen, als Sir Peter Ustinov langsam von rechts an die Rampe heranschlendert. Der lang anhaltende Applaus, der ihn begrüßt, noch bevor der Star des Abends ein einziges Wort gesagt hat, bringt Wärme in den riesigen Zuschauerraum, dessen Beleuchtung während der nächtsten zweieinhalb Stunden nie gänzlich gelöscht werden wird. Es ist Cocktailparty-Time an den Staatlichen Bühnen Berlin, und Peter Ustinov beginnt auch gleich mit jenen Geschichtchen und Anekdötchen, die man sich so gern im Kreisrund einer gelungenen Plauderei anhört. Der Alleinunterhalter erzählt uns aus seinem kosmopoliten Leben, von seiner Zeugung in Leningrad, seiner intra-uterinen Reise nach London, wo er 1921 geboren wurde. Oh ja, er ist viel gereist als „Extragewicht“ — „bis heute“, setzt er nach und schaut augenzwinkernd auf seine umfangreiche Bauchbinde. Dann geht es in großen Schritten durch ein bewegtes, erfolgverwöhntes Leben: Was sind die richtigen Antworten auf dumme Lehrerfragen? Warum müssen englische Internatsschüler diese riesigen gerollten Regenschirme mit sich herumschleppen? Welches Tier eignet sich am besten zu einer dreimonatigen Schauspielübung? Peter Ustinov entschied sich seinerzeit klugerweise für den Salamander und hatte mit dieser Entscheidung an der Theatre School of London ein ruhiges Semester.
Er war eben schon immer ein weiser Mann, einer mit Ausstrahlung, Eigensinn und Esprit. Seine Weltkarriere als Schauspieler, Regisseur und Buchautor brachten den bescheidenen Sir Peter immer wieder mit den Größen dieser Welt zusammen. Da plaudert er von Dreharbeiten mit Laurence Olivier, über die Eigenarten des Alec Guiness und über Charles Laugthon, der „immer in der Hoffnung war, beleidigt zu sein“. Wir alle, die wir unten in den Stuhlreihen sitzen, rücken noch etwas näher in den imaginären Kreis dieser Partyrunde, helfen ein ums andere Mal mit so schwierigen deutschen Worten wie „Fliegenklatsche“ aus und müssen herzlich lachen, als dieser großartige Mann, den wir alle so bewundern, verkündet: „Die einzige Möglichkeit, in dieser Welt groß zu sein, ist, tot zu sein. Denn anderenfalls verliert man immer diese kleinen Worte, die alles kaputtmachen.“ Da können wir nur herzlich lachen, denn führt uns Peter Ustinov nicht gerade eben vor, wieviel Größe gerade in den kleinen Worten liegt? God save Sir Peter! Auf daß er uns noch lange mit seinen wunderbaren kleinen Worten beglücken kann. Klaudia Brunst
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen