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■ KommentarVergangenheitsbekämpfung

Das Abgeordnetenhaus will den bisherigen Formen der Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit eine weitere hinzufügen. Es sollen nicht mehr nur die Betroffenen Einsicht in ihre Unterlagen nehmen dürfen, vielmehr soll sich nun der Verfassungsschutz der „früheren, fortwirkenden unbekannten Strukturen und Tätigkeiten“ des ehemaligen MfS annehmen. Gegen dieses Gesetzesvorhaben ist vielerlei einzuwenden. Der Entwurf überläßt allein den Verfassungsschützern die Entscheidung, wer unter die Bestimmungen des Gesetzes fällt. Er beschreibt nicht die Voraussetzung der Beobachtung. Die Verfassungsfeindlichkeit allein kann es nicht sein, denn sonst bräuchte es keine Sonderregelung. Die Begründung des Innensenators, daß auch das „Bestreben, auf Entscheidungsträger der freien Wirtschaft Einfluß zu nehmen“, zu den „illegalen Machenschaften“ dieses Personenkreises zählt, läßt ahnen, in welche Richtung das politische Interesse der Sicherheitsexperten geht: Die Wirtschafts- und Industriespionage soll als neues VS-Arbeitsfeld etabliert werden.

Bedenklich ist nicht nur die Schaffung eines Sonderrechtes für eine bestimmte Personengruppe, bedenklich ist auch, welch politischer Geist dabei Pate stand. Wenn Abgeordnete meinen, die frühere Gefährdung, die vom MfS ausging, rechtfertige ohne weiteres auch die zukünftige Beobachtung ihrer Mitarbeiter, offenbaren sie damit ein Verständnis dieses Komplexes, das in den Betroffenen Staatsbürger zweiter Klasse sieht. Das mag populär sein, entspricht aber keinem demokratischen Rechtsverständnis.

Gegen ehemalige Stasi-Mitarbeiter, auch gegen ihr jetziges Agieren, läßt sich politisch einiges sagen und auch machen. Voraussetzung dafür ist jedoch – dies war der Gedanke, der dem Stasi-Unterlagengesetz ebenso wie den Täter-Opfer-Gesprächen zugrunde lag – die Offenlegung und Öffentlichkeit der Stasi-Strukturen als Voraussetzung der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit. Staatliches Handeln kann sich auf die im Einigungsvertrag vorgesehenen arbeitsrechtlichen Instrumente für den öffentlichen Dienst beschränken. Das VS-Gesetz beschreitet den entgegengesetzten Weg, es macht aus den Stasi-Strukturen wieder einen gesellschaftlichen Geheimbereich und ruft zu dessen Kontrolle nach staatlichem Handeln. Dieter Rulff

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