: Kulturschock im Pferdestall
■ Kino mit Anspruch bieten drei studentische Filminitiativen auf dem Uni-Campus
auf dem Uni-Campus
Wem der Sinn nicht nach leichter filmischer Unterhaltung steht, sondern wer lieber die als kulturell anspruchsvoll geltenden Lichtspiele betrachtet, kann sich auf dem Campus richtig austoben. Dafür sorgen relativ junge, studentische Initiativen wie der „Histofilmpalast“, der „Kulturschock“ im Pferdestall sowie die Cineasten vom Fachbereich Germanistik. Ihr gemeinsames Ziel: „Wir wollen uns vom Kommerz- Kino abgrenzen und zeigen unsere Filme aus Interesse am Medium.“
Bereits im Wintersemester 1990/91 wurde der „Histofilmpalast“ geboren. Seitdem stellt das jetzt vierköpfige Team jedes Semester thematisch festgelegte Filmreihen zusammen: Nationalsozialismus in Hamburg oder Nachkriegszeit zum Beispiel. „Wir zeigen Dokumentarfilme, historisches Quellenmaterial sozusagen“, beschreibt Jan Rübel den Anspruch seiner Crew, eine anschauliche Ergänzung zum literaturlastigen Studium zu bieten.
Die Suche nach geeigneten Filmen führt die GeschichtsstudentInnen zur Landesbildstelle oder zu Filminstituten. Jeder Streifen, der später auch läuft, wird vorher kritisch unter die Lupe genommen und inhaltlich vorbereitet. Dokumentationen zum Treiben des amerikanischen Geheimdienstes CIA und mehrere Kurzfilme zur Studierendenbewegung der späten 60er Jahre waren die Höhepunkte des zurückliegenden Sommersemesters. Nach der Vorführung der 16-mm- Produktionen gibt es meist noch Diskussionen, hin und wieder sind auch die RegisseurInnen der Strei-
1fen anwesend.
Bislang kam die Histo-Gruppe ohne Einritt und Zuschüsse aus. Gerne hätten sie allerdings Geld für eine neue technische Ausrüstung. Der fast antike Projektor-Oldie sowie die provisorische Tonanlage aus dem Uni-Fundus machen das Vorführen selbst für die ausgebildete Crew zum Abenteuer.
Unkonventionell und mit Improvisationstalent helfen sich auch die Leute von „Kulturschock“ über die Ausstattungmängel hinweg: Da werden die Fenster der T-Stube im
1Pferdestall mit schwarzem Papier abgeklebt und die Leinwand besteht aus einem großen Bettuch, das auch mal während des Films herunterkommt. „Es geht uns darum, Leben an die Uni zu bringen“, meint Organisator Hubert Gude. Letztes Semester zeigten die Kulturschocker Filme von Fassbinder und frühen deutschen Expressionisten, für die nächsten Monate wird noch an einem Programm getüftelt.
Filmische Werkschauen zu veranstalten, ist das Anliegen von Ste-
1fan Moos am Fachbereich Germanistik. Sieben der dreizehn erhaltenen Streifen des Regisseurs Murnau präsentierte Moos letztes Semester. Dafür verhandelte er mit Verleihgesellschaften bis nach München. Auf die Idee kam der 26jährige Student beim Stöbern im Archiv des Medienzentrums. Auch Moos will ein Minderheiten-Programm anbieten und sieht keine Konkurrenz zu den Massenveranstaltungen im Audimax: „Der Uni- Film ist viel zu kommerziell und einfallslos.“ Jens Schmidt
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