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Wir kämpfen nicht im Auftrag

■ Dilshad Barsani, Bevollmächtigter der irakisch-kurdischen Regierung und Bruder des Vorsitzenden der Demokratischen Partei (KDP) in Irakisch-Kurdistan, Massoud Barsani, zum Krieg im Nordirak

taz: Herr Barsani, im irakisch- türkischen Grenzgebiet kämpfen Kurden gegen Kurden, kämpfen irakisch-kurdische Peshmerga gegen die bewaffneten Mitglieder der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) die vom Irak aus ihre Angriffe gegen das türkische Militär starten. Warum war dieser Bruderkrieg nicht zu verhindern?

Dilshad Barsani: Wir haben alles versucht, diesen Krieg zu verhindern, aber die Politik der PKK hat uns keine andere Wahl gelassen. Wer in unserem Gebiet lebt, muß sich an die Gesetze unseres frei gewählten Parlaments halten. Wir haben der PKK in Irakisch-Kurdistan friedliche Zuflucht angeboten, aber wir können nicht dulden, daß die PKK unser Land als Basis für ihre militärischen Aktionen gegen die Türkei nutzt und die Türkei deshalb anschließend unsere Dörfer bombardiert. Die PKK hat viele Male unsere Grenzübergänge gesperrt, Lebensmitteltransporte verhindert und durch ihre bewaffneten Aktivitäten an der Grenze den Aufbau der Dörfer verhindert. Die PKK-Leute haben sich als Herrscher in dem Grenzgebiet aufgespielt und die Region auf irakischer Seite zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Menschen wurden verhaftet und die von Saddam Hussein vertriebenen Dorfbewohner wurden daran gehindert, wieder in ihre Dörfer zurückzukehren und ihre Häuser wieder aufzubauen. Nur wer eine Genehmigung der PKK hatte, durfte zurück. Einige Peshmerga der Kurdistan-Front und auch Zivilisten hat die PKK lange vor dem Ausbruch der aktuellen Kämpfe getötet und verletzt. Das konnten wir nicht mehr dulden, denn unsere Regionalregierung ist für die Sicherheit unserer Menschen und den Schutz unserer Grenzen verantwortlich.

Die beiden Führer der Kurdistan-Front, Ihr Bruder Massoud Barsani und Dschalal Talabani, haben vor dem Beginn der Kämpfe Ankara besucht. In türkischen Zeitungen war davon die Rede, daß die irakisch-kurdische Führung ihren Kampf gegen die PKK mit der Türkei abgestimmt habe. Die PKK behauptet, daß sie türkische Offiziere in Peshmerga-Uniform während der Kämpfe gefangengenommen habe. Kämpfen Türken an Ihrer Seite?

Das stimmt nicht. Jeder Journalist kann mit unserer Unterstützung in die umkämpfte Zone reisen und sich vom Gegenteil überzeugen. Es hat am Anfang allerdings einen Luftangriff der türkischen Armee gegeben, gegen den wir scharf protestiert haben.

War der Angriff gegen die PKK mit der türkischen Regierung abgestimmt?

Nein.

Hat die türkische Regierung nicht damit gedroht, die Genehmigung zur Stationierung der Golfkriegsalliierten, die mit ihren Flugzeugen von türkischen Flughäfen aufsteigen und die nordirakische Schutzzone absichern, aufzukündigen, wenn die PKK weiterhin vom Irak aus operiert?

Ja, sie haben mit der Sperrung der Flughäfen für die Alliierten und der Schließung der Grenze – auch für humanitäre Hilfe – gedroht.

Haben Sie deshalb den Angriff gegen die PKK gestartet?

Wir haben die PKK lange vorher aufgefordert, unseren Gesetzen zu folgen und sich vernüftig zu verhalten oder aber das Gebiet zu verlassen. Weil die PKK sich trotz eines Ultimatums dieser friedlichen Lösung verweigert hat, mußten wir andere Mittel anwenden. Nicht im Auftrag irgendeiner anderen Macht, sondern aus ureigenem Interesse.

Ihr Kampf gegen die PKK liegt ohne Zweifel auch im Interesse der Türkei und verbessert deshalb das Verhältnis zwischen den irakischen Kurden und der türkischen Regierung. Fürchten Sie nicht, daß das Verhältnis nach Zerschlagung der PKK schnell wieder ins Gegenteil umschlägt, denn an einem weitgehend autonomen irakischen Kurdenstaat haben die Türken gewiß kein Interesse?

Offiziell akzeptiert die Türkei diesen Autonomieanspruch nicht, aber mit der Zeit wird sie sich damit abfinden müssen, daß wir innerhalb eines föderal organisierten Iraks uns selbstverwalten.

Wie ist die Situation jetzt in dem umkämpften Gebiet?

Unsere Peshmerga sind in weiten Teilen bis zur Grenze vorgerückt. Es gibt noch ein größeres Gebiet um Harkurt, in dem sich eine Basis der PKK befindet. Dort wird die PKK massiv aus dem Iran unterstützt – auch mit schweren Waffen. Munition und Waffen wurden in den ersten Tagen sogar mit iranischen Hubschraubern herangebracht.

Wie viele Menschen sind bei den Kämpfen bisher getötet worden?

Zahlen darüber kenne ich nicht.

Sie versuchen, in Bonn ein Informationsbüro ihres Landes aufzubauen. Welche Kontakte haben Sie inzwischen mit offiziellen Stellen in Bonn?

Offizielle Kontakte gibt es noch nicht, aber wir haben in Deutschland viele Freunde. Interview: Walter Jakobs

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