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Sabine Uhl bleibt, der Drogenstrich geht

■ Bremer Ampel-Koalitionsfrieden gekittet: Grüne und FDP stützen Senatslinie und Arbeitssenatorin

Der Drogenstrich soll mit poliyeilichen Mitteln zerschlagen werden und Sabine Uhl darf Arbeitssenatorin bleiben — darauf haben sich am Sonntag abend die Ampelkoalitionäre verständigt.

Die umstrittene Senatsentscheidung zur Zerschlagung des Drogenstrichs soll vorerst nicht wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden. Damit sind sowohl die Grünen, als auch Teile der SPD-Basis gescheitert, die den Beschluß revidieren wollten. Zudem haben die Koalitionsauschuß gemeinsam mit AmpelvertreterInnen aus der Deputation für Arbeit über das Schicksal von Sabine Uhl beraten. Ergebnis: Wenn die CDU ihren Mißtrauensantrag gegen die Arbeitssenatorin auf die Tagesordnung der Bürgerschaft setzt, will die Ampel sich vollzählig hinter Sabine Uhl stellen.

Insbesondere die Grünen haben sich mit diesen Beschlüssen vom Wochenende extrem schwer getan. „Die Entscheidung zum Drogenstrich ist eine schmerzliche Niederlage“, sagte gestern die Fraktions-Pressesprecherin Dagmar Bleiker. Den Grünen blieb allein der Ausweg, ihre Kritik formal weiter aufrechtzuerhalten und auf die Selbstheilungskräfte des Prostitutionsmarktes zu hoffen: „Wenn sich ein neuer sozialverträglicher Standort für die verbleibende Drogenprostitution abzeichnet, (ist) dieser zu tolerieren und mit sozialen Hilfsangeboten zu begleiten“, haben die Grünen in den Koalitionsbeschluß diktiert. Gestern segnete die Fraktion den Beschluß des Koalitionsausschusses ab. Der Fraktionssprecher Martin Thomas: „Weil die FDP uns nicht dabei unterstützt hat, das nochmal zum Thema zu machen, war nicht mehr drin.“

Die FDP hatte sich schon früh gegen die Neudiskussion und damit für die Senatslinie entschieden, auch wenn die gegen die Vorlage des liberalen Innensenators Friedrich van Nispen gefaßten worden war. Fraktionschef Heinrich Welke: „Man kann das nicht gleich wieder umdrehen. Die Zerschlagung muß jetzt mal exekutiert werden.“

Gerade die Drogenprostituierten hätten gegen die Verlegung geredet. „Das hat doch denen recht gegeben, die für die Zerschlagung waren.“ Die Koalitionsrunde hat dem Innen- und der Sozialsenatorin aufgetragen, sie mögen bei der Senatssitzung am 27. Oktober über die Umsetzungsschritte berichten. Außerdem sollen im Frühjahr des kommenden Jahres die Erfahrungen mit der neuen Senatslinie ausgewertet werden.

Die Koalitionsrunde am Sonntag brachte für die Grünen Niederlagen auf der ganzen Linie. Sie hatten einen Sondertermin zum Mißtrauensantrag der CDU gegen Sabine Uhl verlangt. In der grünen Fraktion hatte es nach Bekanntwerden der Finanzlöcher im Ressorthaushalt und anderer Ungereimtheiten heftige Kritik an der Arbeitssenatorin gegeben.

Doch am Ende stand die Unterstützung der umstrittenen Sabine Uhl: In einer Probeabstimmung votierte lediglich eine Abgeordneten-Stimme gegen Frau Uhl, es gab eine Enthaltung.

Die verbliebenen acht wollen sich hinter die Arbeitssenatorin stellen. „Wir stimmen nicht für eine Person, sondern für die Ampel“, sagte der grüne Fraktionssprecher Dieter Mützelburg. Und sein Sprecherkollege Thomas meinte: „Es ist Sache der SPD, wie sie ihre Leistungsträger präsentiert. Jeder macht so gut Politik, wie er kann.“

Doch gestern konnte man kaum den Eindruck gewinnen, daß die aufgerissenen Gräben zwischen den Ampelpartnerinnen zugeschüttet sind. Neben den Kontroversen in der Sache hatte vor allem die Art und Weise die Gemüter bewegt, mit der der Senat die Zerschlagung

des Drogenstrichs beschlossen hatte. Noch am Abend davor hatten die VertreterInnen der SPD im Koalitionsausschuß die gemeinsame Vorlage von Innen- und der SozialsenatorIn ohne Widerspruch zur Kenntnis genommen. Das Erwachen war bei der Senatsentscheidung dann groß: „Das ist ein Punkt, an dem es nicht mehr weitergeht“, kommentierte Dieter Mützelburg das Klima zwischen den Koalitionären. Und Martin Thomas: „Die Ampel ist auf Offenheit untereinander angewiesen. Nochmal können die Sozialdemokraten das nicht machen.“ Nach den Diskussionen vom Wochenende habe er allerdings den Eindruck, daß die VertreterInnen der SPD diesen Teil der Kritik verstanden hätten. Selbstkritisch meinte die Pressesprecherin Bleiker: „Wir hätten im Senat ein Veto einlegen müssen.“ Jochen Grabler

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