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Semesteranfang? – Aber ganz langsam bitte

■ An der Freien Universität haben es eifrige StudentInnen zu Semesterbeginn schwer/ Mißtrauen ist angesagt: Nicht alles, was im Vorlesungsverzeichnis steht, stimmt auch

Berlin. Vielleicht hätte ich es einfacher gehabt, wenn ich Pfadfinderin gewesen wäre. Vielleicht sollte die Freie Universität (FU) überhaupt eine Pfadfinderausbildung als Zulassungsvoraussetzung empfehlen oder zumindest ein Trainingslager zur Erhöhung der Frustrationstoleranz im Uni-Alltag einrichten.

Als ich mein Studium (Germanistik und Sozialwissenschaft) anfing, dachte ich: ärgerlich, aber ich hab' eben Pech gehabt. Fängt das Seminar doch nicht, wie geschrieben stand, diese Woche an, sondern erst nächste Woche. Aber dann hatte ich beim nächsten Seminar das gleiche Pech. Und beim dritten suchte ich nach dem Seminarraum, der mit dem im Vorlesungsverzeichnis angegebenen offenkundig nicht übereinstimmte. Wenn wenigstens an exponierter Stelle über die Raumänderung informiert worden wäre... Irgendwann später entdeckte ich den Hinweis auf eines der verlegten Seminare, dessen Spur ich schon längst verloren hatte.

Warum bin ich bloß von Semester zu Semester mit diesem naiven Optimismus in die FU geeilt, ich könnte entsprechend meinem Stundenplan studieren? Immer habe ich, wenn das Vorlesungsverzeichnis herauskam, neugierig darin geblättert. Ich hatte Spaß daran, mir Veranstaltungen auszusuchen, die ich spannend und interessant fand, und alles so zusammenzufügen, daß daraus ein ordentlicher Stundenplan wurde. Und jedes Mal, fast jedes Mal, blieb nach zwei Wochen nur noch ein Torso davon übrig.

Als ich begriffen hatte, daß ich mich an der FU nur auf eines verlassen konnte – nämlich auf die Unzuverlässigkeit derer, die in Vorlesungsverzeichnissen ihre Veranstaltungen ankündigen –, versuchte ich vorzubeugen: ich rief vorsichtshalber im Sekretariat des Dozenten an, um mich zu vergewissern, ob denn das Seminar auch am angegebenen Tag zur angegebenen Zeit am angegebenen Ort stattfinde. Abgesehen davon, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit der Dozent persönlich nicht erreichbar war, stieß ich am anderen Ende der Leitung zumeist auf herzliches Unverständnis: Warum denn diese Frage, das stehe doch im Vorlesungsverzeichnis. Warum solle es denn nicht stimmen? Den klügsten Rat erhielt ich von jener Sekretärin, die mir schlicht beschied: „Gehen Sie doch einfach hin! Dann wissen Sie's!“ Maren Richter

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