: Jugoslawien-Embargo wird durchlöchert
In den deutschen Häfen werden nach Recherchen von „Monitor“ Schiffsladungen für Serbien abgefertigt/ Der Zoll widerspricht/ Staatsanwalt ermittelt in fünfzehn Fällen ■ Aus Hamburg Marco Carini
Nach einem Bericht des WDR- Fernsehmagazins „Monitor“, der am gestrigen Abend ausgestrahlt wurde, wird in den Häfen von Hamburg, Bremen und Brake (Niedersachsen) gegen das UN- Embargo gegen Rest-Jugoslawien verstoßen. Dort wurden in jüngster Vergangenheit mindestens acht Schiffe abgefertigt, die zwar unter maltesischer Flagge fahren, aber in der Hand von Firmen aus Serbien und Montenegro sind.
Die vorsätzliche Unterstützung von Geschäften serbischer und montenegrinischer Firmen ist nach dem Außenwirtschaftsgesetz strafbar. Die zuständigen Hafen-Zollämter sind verpflichtet, bei Verdacht zu prüfen, ob die Embargo- Bestimmungen eingehalten werden.
Nach Recherchen des Fernsehmagazins unterläuft Rest-Jugoslawien mit mindestens vierzig ausgeflaggten Schiffen das Embargo. Mit den bei diesen Frachtgeschäften erwirtschafteten Devisen würden Serbien und Montenegro Waffen kaufen. Beide Staaten würden bevorzugt deutsche Häfen als Operationsbasis für ihre illegalen Geschäfte nutzen.
Der Sprecher des Hamburger Zolls, Sigmund Zwirn, teilte der taz auf Anfrage mit: „Seit Beginn des Embargos ist in Hamburg kein Schiff aus Rest-Jugoslawien abgefertigt worden.“ Dem ARD-Magazin wirft Zwirn eine „unsaubere Darstellung“ vor: „Das Problem der unter maltesischer Flagge fahrenden Schiffe ist, daß wir oft keine Rückschlüsse auf die Eigner ziehen können.“
Dem widerspricht Willi Huismann, Autor des „Monitor“-Beitrags, energisch: „Ein Blick in das internationale Lloyds-Schiffahrtshandbuch hätte genügt, um festzustellen, daß es sich um Schiffe aus Rest-Jugoslawien handelt.“
Dies bestätigt indirekt auch der Sprecher der Hamburger Wirtschaftsbehörde, Heiko Tornow. Seit Anfang Juni hätten vier Schiffe unter maltesischer Flagge insgesamt fünfmal den Hamburger Hafen angelaufen, deren Ladungen für Mittel- und Südamerika sowie Ostafrika bestimmt gewesen seien. Da als Eigentümer der Frachter die maltesischen Firmen „Milena Ship Management“ und „Riegel Ship Management“ in den Papieren eingetragen gewesen seien, hätte es keine Hinweise auf einen Verstoß gegen das Außenwirtschaftsrecht gegeben.
Erst nachdem das Zollfahndungsamt Mitte Oktober von der „Monitor“-Redaktion über entsprechende Verdachtsmomente informiert worden ist, habe dieses durch einen Blick in das Lloyds- Register of Shipping zwei jugoslawische Unternehmen als Miteigner der maltesischen Reedereien ermittelt. „Hätten wir das früher gewußt“, so Tornow, „hätte das Freihafenamt auch gehandelt.“ Dieses ist nach Auskunft von Zoll- Sprecher Sigmund Zwirn allein dafür zuständig, die Besitzverhältnisse der Schiffe festzustellen: „Der Zoll bezieht hier zu Unrecht Prügel dafür, daß das der Wirtschaftsbehörde unterstellte Freihafenamt nicht rechtzeitig überprüft hat, ob die Schiffseigner unter serbischer oder montenegrinischer Kontrolle sind.“
Darin, daß diese Prüfung nicht stattgefunden hat, kann Behörden- Sprecher Tornow kein Versäumnis des Freihafenamtes erkennen: „Dazu muß man erst mal einen Hinweis bekommen.“ Massive Kritik an dieser Sichtweise äußerte der Hamburger CDU-Schiffahrtsexperte Joachim Christian Becker: „Die europäische Öffentlichkeit darf erwarten, daß die deutschen Häfen auf Versuche, das Embargo zu umgehen, ausreichend vorbereitet sind.“
Johannes Scheube, Sprecher des Bundesfinanzministeriums, teilte unterdessen auf Anfrage mit, daß inzwischen die Staatsanwaltschaft Bremen federführend in dieser Sache ermittelt. Scheube: „Erst wenn wir wissen, was an den Vorwürfen dran ist, kann es eine Reaktion aus Bonn geben.“ Die Hamburger Staatsanwaltschaft überprüft noch, ob auch hier Ermittlungsverfahren angestrengt werden.
Wirtschaftsbehörden-Sprecher Heiko Tornow teilte mit, daß sämtliche in der Hansestadt ansässigen Reeder und Maklerfirmen überprüft würden, die mit den in Frage kommenden Schiffen in irgendeiner Weise zu tun hatten.
Er teilte weiter mit, daß allein in Hamburg in fünfzehn Fällen wegen eines Verstoßes gegen das Jugoslawien-Embargo ermittelt wird. So soll eine Zwickauer Firma versucht haben, im Hamburger Hafen eine für Serbien bestimmte Schiffsladung mit Maschinenteilen über den Umweg Ungarn zu verschiffen. Die Hamburger Abfertigungsbeamten hätten dies jedoch rechtzeitig verhindern können, betont Zollfahnder Sigmund Zwirn.
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