: Verhandlungspartner wollen US-Wahlen abwarten
■ Die israelische Regierung erwartet auch von der kommenden Verhandlungsrunde in Washington keinen Durchbruch zum Frieden
Nach Ansicht des israelischen Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin besteht wenig Aussicht auf entscheidende Fortschritte in der anstehenden siebten Runde der bilateralen arabisch-israelischen Nahostverhandlungen. Sie sollen ab morgen bis zum 29. Oktober in den Räumen des Washingtoner State Department stattfinden. Nach einer Unterbrechung wegen der amerikanischen Wahlen sollen die Delegationen dann erneut am 9. November in Washington zusammentreten und ihre Sitzungen bis zum 20. November weiterführen. Alle Beteiligten haben in den letzten Tagen ihr Kommen zugesagt. Doch da diese Runde unmittelbar vor den US-Präsidentschaftswahlen stattfindet, ziehen Israel und seine arabischen Gesprächspartner es vor, deren Ausgang abzuwarten, bevor sie ihre nächsten Schritte in den Verhandlungen beschließen.
Alle Beteiligten haben sich seit dem Beginn der Baker-Initiative unmittelbar nach dem Golfkrieg gleichermaßen auf die Vermittlerrolle der Bush-Regierung gestützt. Zwar gilt die Regel von der Kontinuität in der amerikanischen Außenpolitik, aber niemand kann heute voraussagen, wie weit der Demokrat Bill Clinton im Falle eines Wahlsieges vom nahostpolitischen Konzept des Republikaners George Bush abweichen würde.
Rabin und die meisten arabischen Regierungschefs hoffen noch immer auf einen republikanischen Wahlsieg in Washington – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Zwar hat sich Clinton im Wahlkampf weitaus stärker „proisraelisch“ zu profilieren versucht als Bush. Aber Bush hat seine enge Verbundenheit mit Israel und insbesondere mit der gegenwärtigen Regierung bereits bewiesen, während die „praktische Erfahrung“ mit Clinton fehlt. In den arabischen Staaten und bei den Palästinensern fürchtet man hingegen, daß ein demokratischer Präsident wie Clinton seiner extrem proisraelischen Rhetorik auch entsprechende Taten folgen läßt, besonders unter dem Druck der proisraelischen Lobby (AIPAC). Diese „Unsicherheitsfaktoren“ machen die Erfolgsaussichten für die anstehende Verhandlungsrunde gering.
Rabins Berater haben immerhin vorgeschlagen, dem palästinensischen Verhandlungsteam auf „konstruktivere Weise zu Hilfe zu kommen“. Denn in den besetzten Gebieten wächst die Kritik an der palästinensischen Teilnahme. PLO-Führer Jassir Arafat konnte zwar diesmal in Tunis eine Teilnahme an den Gesprächen gerade noch durchsetzen. Aber die jüngsten stürmischen Ereignisse in den besetzten Gebieten und vor allem der große Hungerstreik der politischen Gefangenen haben gezeigt, daß die Geduld des palästinensische Volkes Grenzen hat, die auch ihre eigene nationale Führung respektieren muß. Um die Spannung in den besetzten Gebieten zu lösen, wird Israel dem palästinensischen Team gegenüber also vielleicht konzilianter auftreten. In den Gesprächen mit den Vertretern Syriens hingegen steht nichts Neues an – wie Rabins Berater der Presse verrieten.
Der Leiter des Verhandlungsteams in den syrisch-israelischen Gesprächen, Itamar Rabinovich, erklärte, daß „Israel ohne neue Initiativen zur nächsten Verhandlungsrunde kommt“. Es sei keinerlei Fortschritt zu erwarten. Es liege jetzt an den Syrern, zu den Erklärungen Israels Stellung zu nehmen. Israel sei jedenfalls nicht zu einem vollen Rückzug aus dem Golan bereit, sondern nur zu territorialen Kompromissen, unter der Bedingung, daß Damaskus einen vollen Friedensvertrag mit Israel verspreche und sichere Grenzen garantiere. Rabinovich wiederholte auch alte Vorschläge für israelisch- syrische Geheimverhandlungen, die mit größerer Wahrscheinlichkeit zu einem Durchbruch führen würden als die formale bilaterale Dialogroutine.
Auch solche Äußerungen nähren die Ängste der Palästinenser vor einem syrisch-israelischen Separatfrieden. Bei seiner Ankunft zum letzten arabischen Außenministertreffen vor dieser Runde in der jordanischen Hauptstadt Amman bemühte sich der syrische Außenminister Faruq Al Schara, diese Befürchtung zu entkräften. Es komme jetzt „auf die Zusammenarbeit aller arabischen Partner“ an. Auf dem Treffen, an dem neben Jordanien und Syrien auch der ägyptische Außenminister Amr Musa und Mitglieder der palästinensischen Delegation teilnahmen, sei ein neuer ägyptischer Friedensplan beraten worden, hieß es am Wochenende. Amos Wollin
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