piwik no script img

EG schließt Binnenmarkt für Müllexporte

■ Exporte nach Süden erschwert/ Verbrennen und nach Osten verschieben erlaubt

Berlin (taz) – Müllexportweltmeister Deutschland wird es künftig etwas schwerer haben, seinen Abfall in anderen EG-Staaten loszuwerden. Kommunen und Firmen, die ihren Müll ins Ausland verschieben wollen, müssen sich ab 1994 nach Verbrennungsanlagen in der EG oder nach osteuropäischen Abnehmern umsehen. Darauf einigten sich schon am Dienstag die Umweltminister der EG in Luxemburg.

Die Umweltminister beschlossen konkret, daß die einzelnen EG-Länder künftig zumindest die Einfuhr von Hausmüll und nicht verwertbaren Abfällen ablehnen können. Die französische Regierung könnte, wenn die Verordnung in Kraft tritt, zum Beispiel Laster mit deutschem Hausmüll an der Grenze stoppen. Importe von Abfall zum Betrieb von Müllverbrennungsanlagen und Importe zum Recycling nach dem Grünen- Punkt-System bleiben aber in der EG grundsätzlich erlaubt. Sie müssen vom importierenden Land lediglich öffentlich bekannt gemacht werden.

Auf europäischer Ebene würde, wenn das Europaparlament zustimmt, ab 1994 eine Regelung in Kraft treten, die nach dem Streit über bundesdeutsche Müllexporte zwischen Frankreich und der Bundesrepublik schon heute praktiziert wird. Frankreich, das im vergangenen Jahr 800.000 Tonnen Müll von seinen EG-Partnern importiert hatte, war der Motor dieser europäischen Müllpolitik.

Die Umweltminister trugen mit ihrem Kompromißpapier an einer Stelle einen wichtigen Sieg über die EG-Kommission davon. Die neue Verordnung soll sich nämlich auf den Umweltartikel 130s der EG-Verträge gründen. Umweltgesetze müssen demnach einstimmig im Ministerrat verabschiedet werden. Der Artikel erlaubt jedem einzelnen Staat, eine weitere Verschärfungen der Müllpolitik zu beschließen. Wäre die Müllverordnung, wie von der Kommission lange Zeit gefordert, nach dem Binnenmarktartikel 100a aufgehängt worden, hätte es zwar keiner Einstimmigkeit zur Verabschiedung bedurft, alle Veränderungen in den einzelnen Ländern hätten sich aber am Ziel offener Märkte orientieren müssen.

Die Verordnung hat allerdings zwei riesige Löcher. Zum einen kann immer mehr Müll als wiederverwertbar deklariert werden, um die Verordnung zu umgehen. Mit mehr Abfall aus der EG müssen außerdem die osteuropäischen Länder rechnen. Während das Müllkonzept ein grundsätzliches Verbot des Exports auch zum Recycling für die meisten Entwicklungsländer vorsieht, soll der Export in andere Nicht-OECD-Staaten erlaubt bleiben. Die Ausfuhr nach Osteuropa muß nur von der EG-Kommission genehmigt werden. Hermann-Josef Tenhagen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen